Im Herzen von Nippes
Wieso dieses Lokal eines der schönsten Wirtshäuser Kölns ist
by Julia Floss- Unsere Autorin Julia Floss hat sich im Traditionslokal „Haus Schnackertz“ in Nippes umgeschaut.
- Nicht nur wegen der Schnitzel lohnt sich ein Besuch.
- Was sonst noch Gutes auf der Karte steht und wieso das Lokal wahr gewordene Wirtshaus-Nostalgie ist, lesen Sie hier.
Freitagabend, Nippes, Bülowstraße. Die Fenster des Ecklokals sind hell erleuchtet. Gedämpfte Stimmen und Gelächter sind bis draußen zu hören. Die massive Eingangstür mit dem dicken Metallknubbel wäre auch so schon ein Blickfang, aber der Bauherr setzte noch eins drauf und lies den Erker oberhalb in einem breit gespannten Schirm enden. Auf der Banderole darüber steht in geschwungenen Lettern „Restauration Haus Schnackertz“. Fans von Gründerzeit-Architektur verdrücken bereits jetzt das erste Tränchen.
Drinnen ist ebenfalls die Zeit stehengeblieben. Dunkle Holzvertäfelung, weiß getünchte Wände, Rundbögen, Stuck. Überall steht ein bisschen Geschichte, ein bisschen Nippes. Die Karnevalsorden der „Fidele Zunfbrüder“ von 1919 e.V., geblümte Porzellan-Sammelteller, Trinkkrüge mit Hunden, Schwarz-Weiß-Fotografien zeigen das Ehepaar Schnackertz – und immer wieder die Historie des Gebäudes. Das „Haus Schnackertz“ steht seit 1912 und ist seither ein Wirtshaus im Herzen des Veedels. Die Nippeser lieben ihr „Haus Schnackertz“.
„Wat Oma auch schon gemacht hat“
Das weiß auch Jörg Plake. Seit 2007 serviert der gebürtige Rheinländer „wat Oma auch schon gemacht hat“. Sauerbraten, Döppekuche, Steckrübensuppe. Klassiker aus dem Rheinland, aus Köln, aber auch Allgäuer Käsespätzle und Risotto stehen auf der Karte. Plake legt Wert auf Produktqualität und Handwerk. Alles wird mit Bedacht eingekauft und selbst gekocht.
Hier kommt nichts aus der Tüte und genauso schmeckt es auch. Die geschmorte Rinderschulter ist zart wie Butter, die Jus wie aus dem Bilderbuch. Dazu gibt es Kartoffelstampf gemischt mit Endiviensalat. Ein Wohlfühlteller wie er schöner (und leckerer) nicht sein könnte. Die Miesmuscheln duften herrlich und schwimmen in einem würzigen Sud, in den man erst noch höflich das Baguette tunkt, bevor man ihn einfach gierig auslöffelt. Plake und sein Team beweisen, dass es sie noch gibt, die Wirtshäuser mit richtig guter, deftiger Küche. Wo Schnitzel noch von Hand geklopft und paniert werden, Bratkartoffeln ihren Namen verdienen und traditionelle Schmorgerichte wirklich wie bei Muttern schmecken.
Hier sitzt ganz Nippes
Das Lokal ist voll besetzt. Hier sitzt ganz Nippes quer durch alle Generationen. Vier ältere Damen am Nebentisch gackern laut und fröhlich und prosten sich zu. Einen Tisch weiter sind zwei junge Paare ins Gespräch vertieft. Am Stehtisch wird der nächste Kranz bestellt. Die Kellner wuseln emsig durch das Gewirr und servieren im Akkord.
Das Haus Schnackertz ist wahr gewordene Wirtshaus-Nostalgie. Und wird es hoffentlich noch lange bleiben.
Probierte Gerichte
- Muscheln „Provencale“ mit Tomaten, Kräutern und Baguette // 16,90 Euro
- Geschmorte Rinderschulter mit Kartoffel-Endivien-stampf // 18,90 Euro
- Nippeser Senfrostbraten mit Bratkartoffeln und Salat // 18,90 Euro
- Schokosoufflé mit Manda-rinensorbet // 7,90 Euro
- Spekulatiusparfait mit Zwetschgen // 7,90 Euro
Bülowstraße 2, 50733 Köln-Nippes, Tel. 0221 / 766839
Öffnungszeiten: Di – Sa 17-24 Uhr, So 11.30-14.30 Uhr und 17-24 Uhr
www.schnackertz.koeln