Der Streit um den Verkauf des Heitersheimer Malteserschlosses spaltet die Stadt

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Am Sonntag entscheiden die Heitersheimer, ob das Malteserschloss an Investoren verkauft werden soll, die dort eine Privatschule einrichten wollen. Beobachter erwarten einen knappen Ausgang.

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Seit 1893 gehört das Malteserschloss dem Vinzenz-Orden, der das Schloss spätestens 2023 verkaufen will. Foto: Markus Donner
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Ein Plakat des Vereins Schule im Schloss Foto: Sophia Hesser
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Auch die BI Malteserschloss plakatiert in Heitersheim. Foto: Martin Pfefferle
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Seit 1893 gehört das Malteserschloss dem Vinzenz-Orden, der das Schloss spätestens 2023 verkaufen will. Foto: Markus Donner
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Seit 1893 gehört das Malteserschloss dem Vinzenz-Orden, der das Schloss spätestens 2023 verkaufen will. Foto: Markus Donner

Der Orden der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul möchte sein Malteserschloss in Heitersheim an Investoren verkaufen, die eine Privatschule in dem historischen Gebäude einrichten wollen. Darüber ist in der Malteserstadt ein Streit entbrannt, der die Bürgerschaft seit Monaten in zwei Lager spaltet. Am Sonntag liegt die Entscheidung nun bei den Bürgern. Einen neuen Bürgermeister müssen die Heitersheimer am selben Tag auch noch wählen.

Die Zahl der Ordensschwestern im Malteserschloss in Heitersheim nimmt beständig ab. Nur noch 49 Frauen leben derzeit in dem historischen Gebäude. Ihr Altersdurchschnitt liegt mittlerweile bei über 82 Jahren. Deshalb sucht der Orden seit einigen Jahren einen Nachnutzer. Und eigentlich glaubte man den schon gefunden zu haben: Eine Investorengruppe um den früheren BZ-Verleger Christian Hodeige und seinen chinesischen Partner Mark Wang möchte in dem Malteserschloss eine internationale Schule für rund 300 Schüler aus aller Welt gründen.

Nach kurzer Zeit formierte sich Widerstand gegen die Pläne

Sie rechnen mit Investitionen von bis zu 25 Millionen Euro. Ihr Vorbild ist das renommierte United World College, das auch einen Ableger in Freiburg hat. Hodeige und Wang waren selbst UWC-Schüler. Die gemeinsame Erfahrung verbindet nicht nur untereinander, sondern auch mit dem auf Völkerverständigung ausgerichteten Konzept der Schule. Mark Wang ist Vorsitzender des UWC China, Hodeige ist im Vorstand des UWC Deutschland.



Mit dem Orden waren sich die Investoren schnell einig, und auch der frühere Bürgermeister Martin Löffler (SPD) und der Gemeinderat zeigten sich der Idee gegenüber aufgeschlossen. Die Stadt hatte sich allerdings 2017 ein Vorkaufsrecht gesichert. Nur unter der Bedingung, dass das Schloss als Denkmal und das darin untergebrachte Museum erhalten bleiben sowie die Innenhöfe für die Öffentlichkeit weiter zugänglich sind, stimmte der Gemeinderat Verkaufsverhandlungen zu.

Doch kurz darauf formierte sich mit der Gründung des Vereins Bürgerinitiative Malteserschloss (BI) Widerstand in der 6300-Einwohner-Gemeinde. Die BI, die mittlerweile 205 Mitglieder zählt, lehnt eine Privatschule in dem Gebäude ab. Sie wirft den Investoren Intransparenz vor und kämpft für einen Erwerb durch die öffentliche Hand. Statt einer Privatschule will sie Pflegeeinrichtungen, kulturelle und touristische Angebote unterbringen. Das sei eine einmalige Chance für die Stadt, sagt BI-Vorsitzender Zsolt Pekker.

Vor allem die Beteiligung chinesischer Investoren an dem Projekt sorgt in Heitersheim für Misstrauen – zum Teil wurde dieses gezielt geschürt. So wurde die geplante Schule als kommunistische Kaderschmiede bezeichnet. Einige Gemeinderäte sahen sich angesichts solcher Unterstellungen genötigt, sich bei den Investoren für fremdenfeindliche Äußerungen zu entschuldigen. Christian Hodeige spricht von Verleumdungen und Lügen. Besonders geärgert hat er sich darüber, dass in einer BI-Broschüre Baodong Shi, der Unternehmer in der Bildungsbranche in China ist, mit einem gleichnamigen "Immobilien-Löwen" aus Hongkong verwechselt wurde.

Die BI hat den Fehler inzwischen zwar korrigiert, sie bezweifelt jetzt aber, dass Hodeige den Namen seines Partners korrekt wiedergibt. Korrigieren musste die BI auch ihre Mutmaßung über ein Steuersparmodell Hodeiges in der Karibik. Nachdem sich die Unterstellung als haltlos herausgestellt hatte, spekuliert die BI nun über eine Steueroase der Schule in Hongkong, weil Mark Wang dort den Sitz seiner Beteiligung gründete.

Minister aus Ostdeutschland meldet sich mit Angebot

Im Oktober stand das Schulprojekt vor dem Aus. Bei der Kommunalwahl hatten sich die politischen Kräfte verschoben – nun lehnte eine knappe Mehrheit des Gemeinderats den städtebaulichen Vertrag ab. Doch dann sammelte der Verein "Schule im Schloss" in kurzer Zeit knapp 1000 Unterschriften für ein Bürgerbegehren – drei Mal mehr als benötigt und ein Viertel aller Wahlberechtigten. Beobachter erwarten dennoch am Sonntag einen knappen Ausgang. Nachdem der Verein zunächst viel Unterstützung verspürte, hat sich zuletzt bei etlichen Bürgern Verunsicherung breit gemacht.

Martin Löffler erlebt die Abstimmung am Sonntag als gewöhnlicher Bürger Heitersheims. Er wurde im Oktober zum Bürgermeister in Müllheim gewählt. Löffler deutete an, dass die persönlichen Angriffe ihm den Abschied erleichtert hätten. Angefangen hatte es mit der Änderung der Baulandpolitik, mit der der Gemeinderat Bauinvestoren verärgerte, weil Baugrundstücke nur noch von der Stadt entwickelt werden können. Dann folgte ein erbitterter Streit um eine Umgehungsstraße, der erst im Bürgerentscheid, der zugunsten der Straße ausfiel, etwas entschärft wurde. Zu den jeweiligen Gegnern gehört meist derselbe Personenkreis, der nun in der BI aktiv ist. Im parallel laufenden Bürgermeisterwahlkampf halten sich die Kandidaten in der Frage des Malteserschlosses zurück. Drei der vier Bewerber positionieren sich nicht.

Bei einem "Nein" wollen sich die Investoren neu orientieren. Wie Hodeige sagt, hätten sie mehrere Alternativen in und außerhalb der Region. "Mich hat vor kurzem ein Minister aus Ostdeutschland angerufen, der würde uns sofort nehmen." Doch Priorität hat für ihn Heitersheim. Der Eigentümer selbst spielt im Streit nur eine Nebenrolle. "Wir sind sehr verwundert", sagt Peter Schmieg, Baudirektor des Ordens, "es wird über fremden Besitz verfügt." Sollten die Bürger gegen die Schule stimmen, will sich der Orden mit dem Verkauf Zeit lassen. Mit der BI will er auf keinen Fall verhandeln.

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