Nach Posting zum Islam: Bedrohte 16-Jährige beschäftigt Frankreich
by Anne-Catherine SimonSie äußerte sich abfällig über den Islam und wird seitdem mit Hasspostings und Morddrohungen zugeschüttet, kann in keine Schule gehen: Mila ist in Frankreich zur Politaffäre geworden.
Morddrohungen und Hasspostings („200 pro Minute“, so Mila) ist die in der Nähe von Lyon lebende Gymnasiastin seit zehn Tagen so ausgesetzt, dass sie sich zuhause eingeriegelt hat. Ein Instagram-Posting, in dem sie am 18. Jänner erklärte, dass sie den Islam „hasse“, er sei „merde“, hat auf den sozialen Netzwerken zu einer anschwellenden Lawine von Attacken geführt, Milas Adresse und der Name ihrer Schule wurden weiterverbreitet. Auf Twitter haben sich unter den Hashtags „Ich bin Mila“ und „Ich bin nicht Mila“ zwei Lager gebildet. Der „Fall Mila“ ist zu einer nationalen Affäre geworden, zu einem Test für den Umgang der französischen Politik mit Meinungsfreiheit und Blasphemie.
Erschreckend die Stellungnahme des Vorsitzenden der offiziellen Vertretung der Muslime in Frankreich, Abdallah Zekri, am 23. Jänner auf dem Radiosender Sud Radio. „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“, sagte er. Zakri, der auch die „nationale Beobachtungsstelle gegen Islamophobie“ leitet, meinte, Mila ernte nun die Konsequenzen ihres Tuns: „Sie hat es gewollt“. Nur die Morddrohungen lehnte er ab. Doch selbst die französische Justizministerin Nicole Belloubet goss am 29. Jänner noch Öl ins Feuer. Im Radiosender Europe 1 erklärte sie, dass die Beleidigung einer Religion „ein Angriff auf die Gewissensfreiheit“ sei. Wollte sie etwa das Delikt der Blasphemie wiedereinführen ausgerechnet in Frankreich, das dieses 1791 als erstes Land abgeschafft hatte? Nach Kritik von Politikern aus allen Lagern ruderte sie zurück - ihre Formulierung sei „ungeschickt“ gewesen.
„Ganz Frankreich ist hinter mir her"
Doch von Anfang an. Am Samstag, dem 18. Jänner, postete Mila, 16-jährige Instagram-Userin mit lila gefärbten Haaren und bekennende Lesbierin, ein Video auf ihrem Account. Einer ihrer Follower hatte ihr nach zurückgewiesenen Avancen vorgeworfen, sie sei „rassistisch“. Plötzlich war die Religion im Spiel, Mila versicherte dazu, sie lehne alle Religionen ab, und „man kann nicht gegen eine Religion rassistisch sein“. Kurz darauf veröffentlichte sie ein (eigentlich nur zur 24-stündigen Veröffentlichung gedachtes) Video, indem sie über den Islam und „euren Gott“ vulgäre und obszöne Bemerkungen machte.
Das Unterrichtsministerium „sorgt sich um ihre Situation“, sagte Milas Anwalt zur französischen Zeitung „Le Monde“ - „aber es ist schwierig heute eine Schule zu finden, die ihre Sicherheit gewährleisten würde“. Viele Drohungen, so Malka, seien von Schülern ihres eigenen Gymnasiums gekommen. Mila selbst dazu: „Ich kann keinen Fuß mehr in mein Gymnasium setzen und ich kann nicht einmal das Gymnasium wechseln, weil ganz Frankreich hinter mir her ist.“
„Ich habe niemanden beleidigt. Es war Blasphemie"
Mila hat inzwischen, unter anderem gegenüber der Zeitung „Libération“, ihre Äußerung verteidigt: „Anders als sie (ihre Angreifer, Anm.d.Red.) habe ich niemanden beleidigt oder bedroht oder zur Gewalt gegen jemanden aufgerufen“, sagte sie. „Was ich getan habe, war Blasphemie, es ist eine generelle Kritik an den Religionen, nichts anderes."
Die zuständige Polizei in der Stadt Grenoble hat am Donnerstag eine erste Ermittlung wegen „Aufstachelung zum Rassenhass“ eingestellt. Länger dauern werde, so der Staatsanwalt der benachbarten Stadt Vienne Jérôme Bourrier, die zweite Ermittlung. Diese betreffe Morddrohungen, Drohungen, ein Delikt zu begehen und Belästigung“.