Verbraucherpreise
Inflationsrate im Euro-Raum steigt auf Neun-Monats-Hoch
Vor höherer Energiepreise treiben die Inflation. Ökonomen erwarten aber, dass die EZB ihr Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent weiter verfehlen wird.
by Jan MallienFrankfurt. Traditionell bestand die wichtigste Aufgabe der Notenbanken darin, eine zu hohe Inflation zu verhindern. Das hat sich inzwischen komplett geändert. Seit Jahren liegt die Inflation im Euro-Raum deutlich unter der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp unter zwei Prozent, die sie als optimal für die Wirtschaft ansieht.
Im Januar gibt es zumindest einen leichten Aufwärtstrend: Die Verbraucherpreise zogen binnen Jahresfrist im Januar um 1,4 Prozent an, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Freitag mitteilte. Im Dezember hatte die Teuerung bei 1,3 Prozent gelegen. Grund für den Anstieg waren vor allem höhere Energiepreise. Ökonomen sehen darin keine Trendwende.
Die Inflationsentwicklung ist entscheidend dafür, wann die Sparer im Euro-Raum wieder mit höheren Zinsen rechnen können. Um die Inflation anzuschieben, hat die EZB die Zinsen auf ein Rekordtief gesenkt und kauft in großem Umfang Staatsanleihen der Euro-Länder. Diese Politik will sie so lange fortsetzen, bis sich die Inflation wieder nachhaltig ihrem Ziel annähert. Erst dann will sie die Zinsen wieder anheben. Der Zeitpunkt ist jedoch weiterhin nicht absehbar.
„Das Wachstumstempo wird kaum ausreichen, um die Inflation dauerhaft in Richtung der Zielmarke der EZB von zwei Prozent zu treiben,“ sagt die Chefvolkswirtin der KfW, Fritzi Köhler-Geib. Sie geht davon aus, dass die Inflationsrate in den nächsten Monaten vom aktuellen Niveau „Stück für Stück abbröckeln“ wird.
Treiber der Preisentwicklung war im Januar vor allem der höhere Ölpreis, der durch die Eskalation des Konflikts zwischen den USA und dem Iran zeitweise deutlich gestiegen ist. Die Preise für Energie legten im Januar im Euro-Raum um 1,8 Prozent zu, nachdem sie im Dezember um nur 0,2 Prozent gestiegen waren. Dienstleistungen verteuerten sich um 1,5 Prozent. Preise für unverarbeitete Lebensmittel zogen um 2,2 Prozent an.
Kerninflation fällt auf 1,1 Prozent
Dagegen fiel die um besonders schwankungsanfällige Preise für Energie und Nahrungsmittel bereinigte Kerninflation von 1,3 auf 1,1 Prozent. Die EZB achtet stark auf die Kerninflation, weil sie als guter Indikator gilt, ob die Preisentwicklung nachhaltig ist.
Die EZB hofft bisher darauf, dass sich die zuletzt stärker gestiegenen Löhne in einzelnen Euro-Ländern wie Deutschland in höheren Preisen niederschlagen. Bislang zögern die Unternehmen wegen der schwachen Konjunktur aber damit, diese an die Verbraucher weiterzureichen.
Commerzbank-Ökonom Christoph Weil verweist auf die am heutigen Freitag ebenfalls veröffentlichten schwachen Wachstumszahlen für den Euro-Raum im vierten Quartal. Demnach nahm die Wirtschaft im Schlussquartal 2019 gegenüber dem dritten Vierteljahr nur noch um 0,1 Prozent zu. Die EZB setze auf ein stärkeres Wachstum, das für eine höhere Inflation sorgen soll. Tatsächlich habe die Konjunktur „im Herbst sogar an Schwung verloren,“ so Weil.
Neben der schwachen Konjunktur dämpfen auch langfristige Faktoren wie die Digitalisierung und die Globalisierung die Inflation. Durch die Globalisierung sinken die Produktionskosten weltweit, weil in anderen Ländern die Löhne zum Teil deutlich niedriger sind. Zudem schwächen beide Trends die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer in Lohnverhandlungen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat eine umfassende Überprüfung der geldpolitischen Strategie der Notenbank angekündigt. In deren Zentrum steht das Inflationsziel. Die EZB hatte ihre Strategie letztmals 2003 überarbeitet.
Mehr: Lesen Sie hier, warum sich die EZB ein Inflationsziel setzt.