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(Bild: dpa)

Rechnungshof sieht viele Mängel im Verfahren um Pkw-Maut

Der Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Pkw-Maut hört erste Zeugen: Vertreter des Bundesrechnungshofs.

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Im Untersuchungsausschuss zur geplatzten Pkw-Maut haben Vertreter des Bundesrechnungshofs dem Verkehrsministerium mangelnde Risikobewertung und Verstöße gegen Haushalts- und Vergaberecht vorgeworfen. Romy Moebus, Abteilungsleiterin im Bundesrechnungshof sagte, das Ministerium hätte im Vergabeverfahren auf Wettbewerb, Transparenz und Gleichbehandlung achten müssen. Trotz der Risiken habe das Ministerium dann entschieden, die Pkw-Maut durchzuziehen, damit Einnahmen generiert werden könnten. Es hätte aber das EuGH-Urteil abgewartet werden müssen, um Klarheit zu haben.

"Über das endgültige Angebot hätte nicht mehr verhandelt werden dürfen", sagte Werner Pelzer, Ministerialrat im Bundesrechnungshof. Er bezog er sich darauf, dass das Verkehrsministerium nach Abgabe des endgültigen Angebots durch die Bietergemeinschaft aus Kapsch TrafficCom und CTS Eventim weitere Gespräche mit den Bietern geführt und sie zur Abgabe eines zweiten finalen Angebots aufgefordert hatte.

"Das ist vergaberechtlich nicht zulässig", sagte auch Moebus, Leiterin der für Verkehr und Infrastruktur zuständigen Abteilung V des Bundesrechnungshofs. In den Nachverhandlungen seien die Mindestanforderungen geändert worden. Deshalb hätte das Ministerium das Verfahren zurücksetzen und den zuvor ausgestiegenen Bietern die Möglichkeit geben müssen, sich wieder am Verfahren zu beteiligen. Zwar gebe es die Möglichkeit, aus schwerwiegenden Gründen nachzuverhandeln. "Das Ministerium hat aber keine schwerwiegenden Gründe vorgebracht", sagte Moebus.

"Unberechtigte Kritik"

Das Verkehrsministerium wies die Kritik des Rechnungshofs erneut als unberechtigt zurück. Die Mautverträge entsprächen dem Haushalts- und Vergaberecht. Zudem wies das Ministerium darauf hin, "umfassend und vollumfänglich" mit dem Bundesrechnungshof zu kooperieren.

Ministerialdirektor Reinhard Klingen vom Bundesverkehrsministerium sagte, es seien "Aufklärungsgespräche und Verhandlungen" mit den verbliebenen Bietern geführt worden, die im rechtlichen Sinne keine Nachverhandlungen gewesen seien. Im späteren Verlauf der Vernehmung modifizierte er diese Aussage: Konfrontiert mit Paragraf 17 der Vergabeverordnung, wonach Verhandlungen über endgültige Angebote unzulässig sind, sprach er nur noch von "Aufklärungsgesprächen" zwischen Ministerium und Konsortium.

Allerdings machte Klingen darauf aufmerksam, dass er die Zentralabteilung erst seit Ende Juli 2019 leitet. Mehrmals erklärte er deshalb im Laufe der Vernehmung: "Ich habe zu dieser Frage keine persönliche Wahrnehmung."

Pelzer – ein Prüfungsgebietsleiter – beklagte sich darüber die Zusammenarbeit mit dem Ministerium sei "nicht konfliktfrei" und "verbesserungswürdig" gewesen. Allerdings könne der Rechnungshof generell bei der Zusammenarbeit mit Ministerien nicht davon ausgehen, dass "die Leichen im Keller serviert" würden.

In einem Prüfvermerk vom November 2019 heißt es, das Verkehrsministerium habe die Prüfung des Rechnungshofs "immer wieder behindert", berichtet dpa. Das Ministerium habe "relevante Unterlagen und Informationen teilweise nur auf (mehrfache) Nachfrage, sukzessive und nicht vollständig zur Verfügung" gestellt.

Ramsauer sollen aussagen

Der Rechnungshof hatte Scheuer zuvor bereits in einem Bericht schwerwiegende Mängel vorgeworfen. Das Ministerium habe für die Maut-Verträgen "Vergaberecht verletzt" und "gegen Haushaltsrecht verstoßen", hatten die Finanzkontrolleure im November geschrieben.

Die Opposition wirft Scheuer bei der Pkw-Maut schwere Fehler zu Lasten der Steuerzahler vor. Der Bund hatte Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut 2018 geschlossen, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte das Vorhaben Mitte Juni, direkt nach dem Urteil kündigte der Bund die Verträge. Die für die Pkw-Maut vorgesehenen Betreiber Kapsch und CTS Eventim bezifferten vor Weihnachten ihre Forderungen an den Bund auf 560 Millionen Euro. Als wahrscheinlich gilt nun ein Schiedsverfahren.

In der nächsten Sitzung des Untersuchungsausschusses am 13. Februar soll der frühere Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der von 2009 bis 2013 im Amt war, als Zeuge auftreten. Zur Begründung hieß es von der FDP, Scheuer sei unter Ramsauer Staatssekretär gewesen und habe in dieser Zeit genau die Maut abgelehnt, mit der er als Minister Steuergelder verschwendet habe. Ramsauer werde in diesem Zusammenhang einen "wertvollen Beitrag zur Aufklärung des Maut-Desasters" liefern können. (mit Material der dpa) / (anw)