Jobs und Lehrstellen
Arbeitsagentur-Chefin spricht über Lohn-Niveau und Perspektiven
by Petra KornHalberstadt/Quedlinburg - Günstig, aber durchwachsen - so lässt sich die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Landkreis Harz im Jahr 2019 zusammenfassen. Heike Schittko, Chefin der Agentur für Arbeit Halberstadt, bilanziert auf der Pressekonferenz der Agentur am Donnerstag eine positive wirtschaftliche Entwicklung, „die sich verstetigt hat in einem historischen Tiefstand der Arbeitslosenzahlen“.
So sank die durchschnittliche Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent im Jahr 2018 auf 5,3 Prozent im vergangenen Jahr - die niedrigste Quote seit der Wiedervereinigung.
Arbeitslosenquote sank von 2018 zu 2019 von 5,8 auf 5,3 Prozent
Durchschnittlich rund zehn Prozent weniger Frauen und Männer seien 2019 arbeitslos gewesen als im Jahr 2018. Profitieren können habe dabei auch die Gruppe von Frauen und Männern, die länger als ein Jahr arbeitslos gewesen sei; ihre Zahl sank im Vergleich zum Vorjahr um rund 17 Prozent.
Auch bei den über 50-Jährigen sei die Zahl um 11,4 Prozent gesunken. Dagegen sei die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen im Alter von 20 bis 25 Jahren um 8 Prozent gestiegen. Diesen berufliche Perspektiven aufzuzeigen, sie zeitnah in eine Beschäftigung zu integrieren, darin sieht Heike Schittko eine wichtige Aufgabe.
Zahl der arbeitslosen Jugendlichen ist deutlich gestiegen
Die Arbeitslosigkeit ist zwar auf einem Tiefstand - doch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist gleichzeitig gesunken: Im Juli 2019 lagt sie mit 73.283 Personen um 0,8 Prozent unter dem Vorjahr, erklärt Heike Schittko. „Das ist der höchste Rückgang in Sachsen-Anhalt.“
Gründe dafür sieht die Agenturchefin in der Demografie, „weil Monat für Monat Personen in den Ruhestand gehen“. „Nicht zu unterschätzen“ sei aber auch das Thema Zuwanderung: Von Juni 2018 bis Juni 2019 seien nur 148 Personen nichtdeutscher Nationalität in Beschäftigung gekommen. „Das ist eine der geringsten Zahlen in Sachsen-Anhalt.“
Das Lohn-Niveau trage dazu bei, dass der Landkreis Harz keine „Boom-Region“
Auch das Lohn-Niveau trage dazu bei, dass der Landkreis Harz nicht „Boom-Region“ sei, in die man unbedingt gehen müsse, dass „wir einfach im Mittelfeld mitschwimmen“. So würden 22.226 - das sind 26,1 Prozent - der im Harzkreis wohnenden Beschäftigen zum Arbeiten in andere Kreise pendeln und nur 9.605 aus anderen Kreisen zur Arbeit in den Harzkreis kommen.
Dieser „Pendlersaldo“ von minus 12.621 Personen sei nach dem Burgenlandkreis und der Börde der dritthöchste in Sachsen-Anhalt. Heike Schittko sieht in den Auspendlern, jenen Kreisbewohnern, „die woanders zu anderen Rahmenbedingungen beschäftigt sind“, noch „viel Potenzial“ für den hiesigen Arbeitsmarkt.
Arbeitgeber signalisierten, dass es ihnen zunehmend schwerer falle, freie Stellen zu besetzen. Insgesamt waren der Agentur für Arbeit im vergangenen Jahr 4.687 Stellen gemeldet worden. „Wir müssen uns auch mit den Rahmenbedingungen in der Region intensiver beschäftigen“, sagt Heike Schittko.
Im Landkreis Harz, dessen Einwohnerzahl zurückgeht, wird das Wachstum gering ausfallen
Sie erklärt: Zwar sei es wünschenswert, wenn ein Unternehmen die Fachkraft definiere, die es brauche. Man müsse sich aber auch ansehen, welche Menschen Arbeit suchen. So werde das Thema Qualifizierung noch stärker an Bedeutung gewinnen - die Frage, wie Unternehmen mit ihrem Personal arbeiten, es weiter qualifizieren und so Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitsuchende schaffen könnten. In dieser beruflichen Qualifizierung sehe die Agentur einen weiteren Schwerpunkt ihrer Arbeit.
Was 2020 zu erwarten sein könnte? Arbeitsmarktforscher rechnen bundesweit mit einem Beschäftigungsplus von 0,7 Prozent, sagt Heike Schittko. Im Landkreis Harz, der stark von den Effekten der Demografie betroffen und in dem die Zuwanderung deutlich geringer sei, werde das Wachstum vermutlich gering ausfallen.
Offen sei auch, wohin sich die Automobilindustrie - und damit auch ihre Zuliefererfirmen, von denen es mehrere im Harzkreis gibt - entwickeln werde. „Wir haben bereits Unternehmen, die Kurzarbeit signalisieren und auch in Anspruch genommen haben“, sagt Heike Schittko. Das sei derzeit noch eine geringe Zahl.
Wie es mit den Autozuliefererern im Landkreis Harz weitergehe, hängt von den Konzernen ab
„Wir haben in den vergangenen Monaten aber schon deutlich mehr Unternehmen beraten.“ Wie es weitergehe, „hängt von der Entwicklung in den Konzernzentralen ab“. Da die Unternehmen im Landkreis Harz vor allem Teile für Verbrennungsmotoren zulieferten, sei diese Entwicklung abzuwarten - und dann auch hier bei der Qualifizierung zu helfen. (mz)
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Die Koba Jobcenter Harz hat im Januar 13.244 Personen in 8.735 Bedarfsgemeinschaften betreut. Das sind 1.443 Personen und 948 Bedarfsgemeinschaften weniger als im Januar 2019, sagte Fachbereichsleiterin Anita Denecke.
Dieser Rückgang um knapp zehn Prozent sei „absolut positiv“ für die Region Harz. Nach wie vor hoch sei mit 76,7 Prozent allerdings der Anteil jener Menschen unter ihnen, die mindestens 21 Monate auf Hartz IV angewiesen sind.