Prozess in Hamburg um KZ Stutthof
92-Jähriger reist aus Israel an, um gegen früheren KZ-Wachmann auszusagen
Der Vorwurf: Beihilfe zum Mord in 5.230 Fällen
Der Vorwurf wiegt schwer. Bruno D. soll während des zweiten Weltkrieges in 5.230 Fällen Beihilfe zum Mord geleistet haben, das ist der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Am neunten Verhandlungstag vor dem Landgericht Hamburg sagte ein Zeuge aus Israel aus. Abraham Koryski war Insasse im KZ Stutthof und berichtet von den schrecklichen Momenten, die er miterlebt hat. Warum es für ihn so wichtig war, aus Israel extra zum Prozess anzureisen, das erzählt er im Video.
Für den Prozess reiste Koryski aus Israel nach Hamburg
Der heute 92-Jährige wohnt in Nazareth, seine Tochter begleitete ihn nach Deutschland. Koryski kam im August 1944 mit 16 Jahren in das KZ Stutthof. Seine Aussagen werden im Prozess von einem Dolmetscher übersetzt und sie schockieren. Mit circa 800 weiteren Gefangenen sei er aus Tallinn, Estland, nach Stutthof gekommen.
Bereits bei der Ankunft wurden sie offenbar in Todesangst versetzt. Er und seine Mithäftlinge seien teilweise mit Gewehren verprügelt worden, während Wachmänner in die Luft schossen um für Panik zu sorgen. Die Baracke, in der sie später untergebracht wurden, sei dunkel und so überfüllt gewesen, dass sie im Stehen schlafen mussten. Und auch der erste Morgen im KZ Stutthof war offensichtlich von Grauen begleitet, denn bereits während des Waschens wurde Koryski von den Wachleuten verprügelt.
Tagsüber mussten die Leichen aufgesammelt werden
Die Aussagen von Koryski sind Erinnerungen des Grauens. So erzählt er, dass die Insassen im KZ Stutthof tagsüber unter anderem auch die Leichen derer einsammeln mussten, die in der Nacht getötet wurden. Auch im Krematorium habe er nach den Verbrennungen gearbeitet, dabei musste er die übrig gebliebenen Knochen wegräumen und sauber machen, sagt Koryski.
Onkel und Tante sterben auf dramatische Weise im KZ Stutthof
Abraham Koryski verlor im KZ Stutthof auch seinen Onkel und seine Tante. Seine Tante, zu der Koryski wegen der strikten Trennung der Häftlinge keinen Kontakt hatte, starb auf tragische Weise: Sie kam ums Leben, als sein Onkel versucht haben soll, ihr eine Zwiebel durch einen elektrischen Zaun zu reichen. Etwa zwei Wochen vor der Befreiung erhängte sich der Onkel von Abraham Koryski im KZ.
Bruno D. droht eine Haftstrafe
Das Urteil gegen Bruno D. soll noch vor Weihnachten fallen. Dass dem heute 93-Jährigen der Prozess so spät gemacht wird liegt daran, dass seit 2011 nicht mehr nachgewiesen werden muss, dass er selbst getötet hat. Es genügt, zu beweisen, dass er Teil des gesamten Tötungsapparats gewesen ist. Sollte Bruno D. verurteilt werden, erwartet ihn eine Haftstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.