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Roboter-Mission

Esa will erstmals Weltraumschrott einfangen

Weltraumschrott - ein Riesenproblem für die Raumfahrt. Jetzt will die Esa erstmals eine ausgediente Raketenstufe im All einfangen und beseitigen. Der Start der von Darmstadt aus betreuten Roboter-Mission ist für 2025 geplant.

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Video 01:47 Min. |10.12.19, 16:45 Uhr |hessenschau
ESA will Weltraumschrott beseitigen

Die Europäische Weltraumorganisation Esa will zum ersten Mal ein Schrottteil der Raumfahrt aktiv aus dem Erdorbit entfernen. Dazu soll 2025 eine Rakete einen Roboter ins All bringen, der eine alte Raketenstufe einfangen wird. Anschließend sollen beide Richtung Erde stürzen und in der Atmosphäre verglühen.

Esa-Chef: "Neuland, aber dringend nötig"

ClearSpace-1 heißt die Mission, mit der laut einer Mitteilung der Esa vom Montag ein kommerzielles Konsortium unter der Leitung eines Schweizer Startups beauftragt wurde. Demnach sollen die Vorbereitungen für das Projekt im März 2020 beginnen.

"Das ist in mehrfacher Hinsicht Neuland, auf der anderen Seite aber dringend notwendig", sagte Esa-Generaldirektor Jan Wörner in Darmstadt. Dort befindet sich das Kontrollzentrum ESOC, von dem aus die meisten Raumfahrtmissionen der Organisation gesteuert werden. Auch dieses Projekt werden die Experten im ESOC begleiten.

Gefahr für Satelliten und die ISS

Das Problem des Weltraumschrotts macht den Raumfahrtagenturen zunehmend Sorgen. Schon jetzt umkreisen mehr als 900.000 Teile von mehr als einem Zentimeter Größe die Erde. Die Zahl der kleineren liegt bei über 120 Millionen.

Bei Umlaufgeschwindigkeiten von rund 20.000 Stundenkilometern werden selbst kleinste Teile zu gefährlichen Geschossen. Sie können unbemannte Satelliten zerstören, aber auch der Internationalen Raumstation ISS gefährlich werden.

Müllwolke im All wächst

"Stellen Sie sich vor, wie gefährlich das Segeln auf hoher See wäre, wenn alle Schiffe, die in der Geschichte jemals verloren gegangen sind, immer noch auf dem Wasser treiben würden", sagte Wörner. Ein besonderes Problem im All ist dabei das sogenannte Kessler-Syndrom: Kollidierende Gegenstände zerbersten in tausende neue Schrotteile, so dass die Trümmerwolke, die die Erde umgibt, immer weiter wächst.

Daneben wird es im erdnahen Orbit in den nächsten Jahren ohnehin immer enger. Private Unternehmen wie SpaceX oder OneWeb wollen tausende neuer Satelliten für sogenannte Mega-Konstellationen ins All bringen. Für Wörner ist klar, dass der Umgang mit diesen Rückständen, wenn sie einmal ausgedient haben, frühzeitig geregelt werden muss.

Moralischer Anspruch, aber auch Zukunftsmarkt

"Es gibt für viele Sachen im Leben keine Rechtsgrundlage" sagte Wörner mit Blick auf noch fehlende verbindliche Regelungen, "aber es gibt so etwas wie Moral und Ethik." Wer künftig einen Satelliten ins All schieße, solle nachweisen, dass er sich um die Beseitigung des späteren Schrotts kümmert.

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Esa bringt kosmische Müllabfuhr auf den Weg

Mit dem 120-Millionen-Euro-Projekt ClearSpace-1 will die Esa auch ein Zeichen setzen. "Das Beispiel wird Schule machen", ist Wörner überzeugt. Die Mission werde andere auf den Plan rufen. Die Beseitigung von Weltraumschrott sei letztlich auch ein Zukunftsmarkt.

Mehr Geld für wichtige Projekte

Möglich wurde die Mission durch einen Rekordhaushalt, den die 22 Esa-Mitgliedsländer der Raumfahrtbehörde bewilligt haben. Im spanischen Sevilla hatten sie Ende November eine Anhebung des Budgets für die kommenden Jahre auf 14,4 Milliarden Euro beschlossen. Den größten Betrag steuert mit 3,3 Milliarden Euro Deutschland bei.

Mit der einzufangenden Raketenstufe visiert ClearSpace-1 ein vergleichsweise einfaches Ziel an. Das seit 2013 in etwa 700 Kilometern Höhe kreisende Objekt hat laut Esa die Größe eines Kleinsatelliten und wiegt rund 100 Kilogramm. Folgeprojekte sollen sich später anspruchsvolleren Aufgaben widmen. Geplant ist etwa, mit einer Mission gleich mehrere Objekte zu beseitigen.

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau kompakt, 10.12.2019, 16.45 Uhr