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Bundesaußenminister Heiko Maas | Bildquelle: REUTERS

Maas sieht Moskau am Zug

Ukraine-Gipfel in Paris

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Vor Beginn des Ukraine-Gipfels in Paris hat Bundesaußenminister Maas an Russland appelliert und ein stärkeres Entgegenkommen Moskaus gefordert. Der ukrainische Präsident Selenskyj dämpfte die Erwartungen an das Treffen.

Bei einem neuen Gipfeltreffen im sogenannten Normandie-Format soll ein erneuter Versuch unternommen werden, den Konflikt in der Ostukraine zu entschärfen. In Paris kommen dafür Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Putin und seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj zusammen. Einen Gipfel dieser Art hatte es zuletzt vor gut drei Jahren in Berlin gegeben.

Bundesaußenminister Heiko Maas forderte vor Beginn des Treffens ein Entgegenkommen Russlands bei der Suche nach einer Lösung für den Konflikt. Selenskyj habe bei der Frage der Entmilitarisierung eindeutig vorgelegt, sagte Maas im Deutschlandfunk. "Das erwarten wir natürlich auch von der russischen Seite." Er hoffe auf die Bereitschaft beider Seiten, entscheidende Schritte weiter zu gehen, um dauerhaften Frieden in der Ostukraine zu erreichen.

Russland habe auch international ein Interesse, Bereitschaft zum Frieden zu zeigen, betonte Maas. Das Verhältnis zwischen Europa und Russland hänge wesentlich davon ab, wie es in der Ukraine-Frage weitergehe. Wichtig sei vor allem, eine Einigung über die Abfolge zu finden, wann in der Ostukraine Wahlen stattfinden und wann ein Abzug von Truppen erfolgen solle. EU-Diplomaten sind allerdings skeptisch, ob der russische Präsident Wladimir Putin in Paris kompromissbereit sein wird.

Streitfrage Lokalwahlen

Mit dem Amtsantritt des neuen ukrainischen Präsidenten Selenskyj war wieder Bewegung in die Bemühungen um eine Deeskalation des militärischen Konflikts mit den von Russland unterstützten Separatisten gekommen. So hatte es etwa einen Gefangenenaustausch sowie eine Entflechtung der Truppen in der Ostukraine gegeben.

Doch diese Entwicklung gefällt nicht allen Ukrainern: Am Wochenende hatte es bereits landesweit Proteste mit einigen tausend Demonstranten gegeben. Und auch kurz vor dem Gipfel dauern die Proteste gegen mögliche Zugeständnisse an Russland in der Hauptstadt Kiew an.

Gipfel in Paris: Beratungen zum Ost-Ukraine-Konflikt
tagesschau 17:00 Uhr, 09.12.2019, Demian von Osten, ARD Moskau, zzt. Paris

Protest in Kiew hält an

Direkt vor dem Präsidentensitz hielten sich in der Nacht zum Montag bei Temperaturen um den Gefrierpunkt mehrere Hundert Demonstranten auf. Am Vorplatz wurden große Zelte zum Aufwärmen aufgestellt. Selenskyj gerät damit innenpolitisch weiter unter Druck.

Als entscheidend für Fortschritte gilt, dass sich die Ukraine und Russland auf die Vorbereitung von Lokalwahlen in den Separatistengebieten einigen. Daher steht auch die sogenannte Steinmeier-Formel im Mittelpunkt des Treffens der vier Regierungsvertreter. Sie geht auf den früheren Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zurück und soll die Umsetzung der Minsker Abkommen von 2014 und 2015 erleichtern.

Die "Steinmeier-Formel"

Die nach dem Bundespräsidenten und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier benannte Formel regelt, ab wann die von der Ukraine abtrünnigen Regionen Luhansk und Donezk einen Sonderstatus erhalten. In den Regionen sollen Wahlen abgehalten werden und zunächst ein vorläufiger Sonderstatus gelten. Wenn die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Wahlen als gültig einstuft, soll der Sonderstatus auch in der ukrainischen Verfassung verankert werden.

Selenskyj dämpft Erwartungen

In den ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk kämpfen ukrainische Regierungstruppen mit prorussischen Separatisten. Rund 13.000 Menschen sind nach UN-Schätzung bisher dabei ums Leben gekommen.

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In Kiew demonstrierten rund 2000 Menschen gegen Kompromisse bei den Verhandlungen zugunsten von Moskau. | Bildquelle: SERGEY DOLZHENKO/EPA-EFE/REX

Putin und Selenskyj treffen sich in der französischen Hauptstadt zum ersten Mal persönlich. Allein das wird von den Gastgebern als Erfolg gebucht. Der Gipfel wird auch als "Normandie-Treffen" bezeichnet, weil es die erste Zusammenkunft dieser Art im Juni 2014 in der Normandie gab.

Selenskyj warnte vor dem Gipfel vor überhöhten Erwartungen. "Der Krieg in Donbass wird nicht am 10. Dezember enden", schrieb seine Sprecherin Julia Mendel bei Facebook. Seit dem Normandie-Gipfel 2016 seien fast keine Fortschritte erzielt worden. Selenskyj steht auch innenpolitisch unter Druck. Am Sonntag demonstrierten in Kiew rund 2000 Menschen gegen Kompromisse bei den Verhandlungen zugunsten von Moskau.

Kiew will die Kontrolle über den ukrainisch-russischen Grenzabschnitt zurück, der von prorussischen Separatisten kontrolliert wird. Diese werden von Moskau unterstützt. Zudem fordert die Ukraine einen weiteren Gefangenenaustausch und einen Waffenstillstand. Ein Friedensplan, der 2015 in der weißrussischen Hauptstadt Minsk ausgehandelt wurde, liegt auf Eis.