Autozulieferer
ZF will besser durch die Autokrise kommen als Bosch und Conti
Die Probleme in der Branche verschärfen sich weiter. Dennoch hält ZF-Konzernchef Wolf-Henning Scheider an der im Sommer gesenkten Prognose fest.
by Martin-W. BuchenauStuttgart. Die schwächelnde Autoproduktion und der Wandel hin zur Elektromobilität treffen den drittgrößten deutschen Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen offenbar weniger hart als die Branchenführer Bosch und Continental. Kurz vor Jahresende hat Vorstandschef Wolf-Henning Scheider die im Sommer nach unten korrigierte Prognose von 36 bis 37 Milliarden Euro Umsatz und einer Ebit-Marge zwischen vier und fünf Prozent bekräftigt.
„Das werden wir erreichen. Bei der Profitabilität werden wir eher am unteren Rand der Prognose herauskommen“, sagte Scheider im Wirtschaftspresseclub Stuttgart
Im Sommer war ZF noch von einem Rückgang der weltweiten Automobilproduktion um vier Prozent ausgegangen. Zum Jahresschluss rechnet das Unternehmen wie andere Konkurrenten mit einem Minus von über sechs Prozent. „Der Rückgang hat sich in den letzten Monaten verschärft und bringt enorm viel Druck aufs Unternehmen“, sagte Scheider. Es sei ungeheuer anspruchsvoll, ohne Wachstum umzusteuern. Für 2020 sieht der Manager keine Besserung.
Gleichwohl zeigt sich der Chef des Stiftungsunternehmens vom Bodensee optimistischer als die direkten Konkurrenten und rechnet mit einer Stagnation von zwei Jahren. Bosch und Continental erwarten schon jetzt, dass die Krise fünf Jahre anhält. Der Konjunkturschwäche könne sich ZF zwar nicht entziehen, Scheider aber will ohne konzernweites Sparpaket auskommen und wie Bosch von Werk zu Werk Lösungen finden.
Die Verunsicherung in der Belegschaft ist dennoch groß. Vor einigen Wochen demonstrierten 5000 Beschäftigte in Angst um ihre Jobs vor der Zentrale in Friedrichshafen. Damals sei ein Worst-Case-Szenario mit Verlagerungen der Produktion an die Öffentlichkeit gedrungen, das aber nie beschlossen werde, versicherte Scheider jetzt.
Die Situation sei zwar insgesamt angespannt, aber es gebe konstruktive Gespräche mit den Arbeitnehmern. „Wir muten den Arbeitnehmern viel zu“, sagte Scheider.
Einigen Tausend Beschäftigten wurden Verträge mit 40 Wochenstunden auf die tarifliche Arbeitszeit von 35 Stunden gekürzt. Kurzarbeit unter 35 Stunden gebe es nicht und sei auch nicht geplant. Generell ausschließen wollte Scheider sie nicht. Auch Führungskräfte leisteten ihren Beitrag mit der Verschiebung von Gehaltssteigerungen.
Scheider will den „ZF-Weg“ beibehalten und sozial verträglich bei Kapazitätsanpassungen vorgehen. Die Zahl der Beschäftigten von derzeit 150.000 werde 2020 „in Summe nicht groß abweichen“.
Auch die Transformation zur Elektromobilität trifft ZF mit weniger Wucht als den Dieselweltmarktführer Bosch und auch Continental. ZF baut keine Einspritztechnik. Unter 30 Prozent des Umsatzes sind nach Scheiders Angaben vom Verbrennungsmotor abhängig. Der größte Teil entfällt auf Getriebe, die mit sieben Milliarden Euro 20 Prozent des Gesamtumsatz ausmachen.
Sonderkonjunktur mit Hybridgetrieben
Derzeit versucht ZF, dieses Geschäft mit Getrieben für Plug-in-Hybride zu retten. Die kompakte Verbauung der Getriebe erlaube in der nächsten Generation ab 2022 die Integration der Leistungselektronik in das Getriebe und die einfache Kombination mit einem Elektroantrieb, den ZF auch selbst baut. Dafür gab es bereits Milliardenaufträge von BMW und Fiat Chrysler. Diese Hybride werden in zwei Jahren 100 Kilometer rein elektrisch fahren. Fahrverbote in Innenstädten sind so kein Problem mehr.
Scheiders Strategie geht allerdings nur auf, solange die Politik sich nicht entscheidet, nur noch reine Elektroautos zu fördern. Hybride gelten bei Kritikern als Mogelpackung, weil nicht sicher ist, ob der Fahrer überhaupt elektrisch fährt.
Das Stiftungsunternehmen bastelt deshalb an Lösungen mit sogenanntem Geofencing. Diese Technik soll sicherstellen, dass das Fahrzeug in Innenstädten tatsächlich nur rein elektrisch fährt. Scheider hofft, die Übergangstechnologie mindestens zehn, wenn nicht 20 Jahre verkaufen zu können. ZF unterscheidet sich damit strategisch von Europas größtem Autohersteller Volkswagen, der reine Elektroautos bevorzugt.
Auch bei den Elektroantriebssträngen erzielte ZF einen Anfangserfolg und gewann bei Daimler den Auftrag zur Bestückung des Elektromodells EQC. „Wir hoffen auf eine gute Lieferantenbeziehung auf viele Jahre“, sagte Scheider. Die Folgeaufträge sind allerdings noch nicht entschieden. Der ZF-Chef zeigte sich generell zuversichtlich, dass der Anteil von ZF an der Wertschöpfung der Fahrzeuge im Elektrozeitalter nicht kleiner werde..
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