"Sind im Spitzenfeld“: Wiener Rettung wehrt sich gegen Kritik
Rechnungshof-Bericht: Das Problem unnötiger Einsatzfahrten kennt auch die Wiener Patientenanwältin.
Es ist eine bemerkenswert lange Liste an Missständen, die der Rechnungshof bei der Wiener Berufsrettung ortet. Sie reicht von einem Anstieg der Wartezeiten bei Notarzteinsätzen in den vergangenen Jahren, fehlende Koordination mit den anderen Rettungsdiensten, weit geringere Kapazitäten als das vergleichbar große München, unnötige Einsatzfahren und hohe Krankenstandsraten beim Personal (der KURIER berichtete).
Als am Wochenende der Rechnungshof-Rohbericht bekannt wurde, gaben sich Stadt und Berufsrettung zu den Vorwürfen noch bedeckt, erst am Montag nahm man Stellung.
Für Rainer Gottwald, Leiter der Berufsrettung, sei der Vergleich mit München unzulässig, weil das dortige Rettungswesen völlig anders organisiert sei: „Es ist in München in die Feuerwehr integriert, deshalb wurden auch deren Standorte mitgezählt. Diese sind, anders als unsere, nicht permanent mit Rettungsfahrzeugen besetzt.“
Auch die Kritik an den Anfahrtszeiten lässt er nicht gelten: Der Rechnungshof habe sich nur auf die Notarzt-Einsätze bezogen. Entscheidend – wenn es um lebensrettende Maßnahmen gehe – sei die Zeit bis zum ersten Eintreffen eines Rettungsfahrzeuges. Und da liege Wien mit einem durchschnittlichen Wert von 7.03 Minuten „im europäischen Spitzenfeld“, sagt Gottwald.
Die im Jahresschnitt 37 Krankenstandstage pro Dienstposten verteidigt Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) so: „Man kann natürlich die Krankenstandsstatistik runterschrauben, wenn man kranke Menschen rausschmeißt“ – wie das vielleicht in anderen Sparten passieren würde.
Unnötige Fahrten
Das Problem, dass die Rettung unnötigerweise auch zu harmlosen Vorfällen ausrückt, kennt auch Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz. Oft würden Patienten mit banalen Wehwechen darauf bestehen, mit der Rettung ins Spital gebracht zu werden. Der Hintergrund: Nimmt die Rettung den Patienten nicht mit, muss dieser die Kosten für den Einsatz selbst zahlen.
Die Lösung wäre laut Pilz, schon während des Anrufs des Patienten genauer abzuklären, ob tatsächlich eine Rettungsfahrt erforderlich ist. „Unabhängig von der Nummer, die er gewählt hat (Rettungsnotruf 144, Ärztefunkdienst 141 oder Gesundheitshotline 1450, Anm.), sollte der Patient bei einer zentralen Stelle landen, die entscheidet, welche Hilfe er benötigt.“
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