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David (links, Tilo Werner) lebt als konservativer Jude und verabscheut Araber.

Thalia-Stück zeigt Absurdität des Nahost-Konflikts

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Kaum ein aktuelles Stück wird derzeit häufiger im deutschsprachigen Raum inszeniert als "Vögel" von Wajdi Mouawad. Der franko-kanadische Autor gilt als Spezialist für verzwickte Familiengeschichten zwischen den Welten. Hakan Savaş Mican hat "Vögel" für das Thalia in der Gaußstraße in Hamburg inszeniert. Am Sonntag feierte das Stück seine Premiere.

Wie viel Wahrheit erträgt der Mensch? Fast flüsternd sagt ein Vater seinem Sohn David, dass er nicht sein Sohn ist. Es kommt noch schlimmer für David, der als konservativer Jude lebt. "Du bist Palästinenser, du bist das, was du verabscheust, du bist Araber!"

Kurz vor Schluss des Abends ist das der stärkste Moment. Das Stück "Vögel" handelt von einer jüdischen Familie zwischen Berlin, New York und Israel. Es funktioniert wie eine Detonation in Zeitlupe. Mit unerschütterlicher Konsequenz folgt eine Offenbarung auf die nächste.

Neue Thalia-Darstellerin Thormeyer überzeugt

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Wahida (Rosa Thormeyer) und Eitan (Pascal Houdus) führen eine Beziehung unter harten Bedingungen.

Das Stück spielt über drei Generationen. Davids Sohn Eitan verliebt sich in die arabischstämmige US-Amerikanerin Wahida, für den konservativen Juden David kommt das einer Katastrophe gleich.

Man glaubt Pascal Houdus und Rosa Thormeyer diese Liebe. Besonders Thormeyer, die seit dieser Spielzeit neu im Ensemble ist, spielt packend, unverschnörkelt und direkt. Dennoch wirkt sie gleichzeitig fragil und sucht wie alle in diesem Stück nach ihrer Identität. Man freundet sich mit den Figuren an, aber der sehr mechanische Handlungsstrom reißt sie mit.

Die brutale Realität des Nahost-Konflikts

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Nach einem Bombenattentat liegt Eitan schwer verletzt im Krankenhaus.

Um seinem historischen und familiären Erbe auf die Spur zu kommen, reist Eitan in Begleitung von Wahida zu seiner Großmutter nach Israel. Durch ein Bombenattentat geraten die beiden mitten hinein in den Nahost-Konflikt.

Eitan liegt schwer verletzt im Krankenhaus. "Das ist mir gerade scheißegal, mein Sohn liegt im Koma, nicht du", brüllt David Wahida an. Am Ende ist es der radikal geifernde Vater, der in den Abgrund blickt.

"Vögel": Komplizierter Konflikt, simple Message

Obwohl das Ensemble mitreißend spielt, klingt der Abend streckenweise wie ein Rührstück. Die simple Message scheint zu sein, dass es kein Schwarz und Weiß gibt. Das Publikum darf sich wohlig gruseln und weinen.

Regisseur Hakan Savaş Mican lässt das Stück in einem völlig leeren Bühnenraum spielen und schafft es dadurch, dem Stück etwas Pathos auszutreiben, den Kitsch wegzuspülen und es am Ende menschlicher zu machen.

Thalia-Stück zeigt Absurdität des Nahost-Konflikts

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In "Vögel" löst eine jüdisch-arabische Liebesbeziehung einen Familienkonflikt aus. Am Sonntag feierte das Stück seine Premiere am Thalia Theater in der Gaußstraße in Hamburg.

Art:
Bühne

Datum:
09.12.2019, 20:00 Uhr

Ende:
26.01.2020

Ort:
Thalia Großes Haus
Alstertor 2
Hamburg

Telefon:
040 328 14 444

E-Mail:
theaterkasse@thalia-theater.de

Preis:
ab 25 Euro

Kartenverkauf:
Montag bis Samstag: 10 bis 19 Uhr
Sonntag und Feiertag: 16 bis 18 Uhr

Hinweis:
Regie: Hakan Savaş Mican
Darsteller: Stephan Bissmeier, Pascal Houdus, Christiane von Poelnitz, Rosa Thormeyer, Oda Thormeyer, Tilo Werner
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