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Eisige Ehe: Union verteilt keine Begrüßungsgeschenke an neue SPD-Führung

CDU und CSU geben sich bei den Kernanliegen der SPD unnachgiebig: Über Mindestlohn, Schulden oder Vermögensteuer soll nicht verhandelt werden.

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CDU-Bundesvorstand

Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel bleiben bei Kernforderungen der SPD unnachgiebig.(Foto: dpa)

Berlin. Nach dem SPD-Parteitag war der Gesprächsbedarf bei der Union groß. Bereits für 7.30 Uhr am Montagmorgen hatte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer die stellvertretenden Parteichefs ins Konrad-Adenauer-Haus geladen, um mit über die Forderungen der Sozialdemokraten zu beraten. Um zehn Uhr tagte das Präsidium, um elf Uhr der Bundesvorstand.

In allen drei Runden ging es um die gleiche Frage: Wie soll die CDU auf die aus ihrer Sicht provokanten SPD-Vorstöße reagieren? Die Genossen hatten auf ihrem Parteitag die Abschaffung der Schuldenbremse, die Wiedereinführung der Vermögensteuer und einen Mindestlohn von zwölf Euro beschlossen.

Und über all das wollen die beiden neuen SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans noch vor Weihnachten in einem Koalitionsausschuss mit der Union sprechen. Dabei schwingt die Drohung mit: Wenn die Union der SPD nicht entgegenkommt, steht die Große Koalition vor dem Aus.

Die CDU reagiert darauf freundlich im Ton, aber hart in der Sache. Direkt am Freitag hatte Kramp-Karrenbauer die beiden neuen Parteichefs kontaktiert und ihnen gratuliert. Wenig später verkündete sie dann, dass die CDU nicht daran denke, der SPD große Zugeständnisse zu machen.

Diese Linie wurde am Montag in den Parteigremien bestätigt: Die CDU zeigt sich gesprächsbereit, weil sie nicht für einen möglichen Bruch der Koalition verantwortlich gemacht werden will. Sie bleibt aber bei den SPD-Wünschen unnachgiebig. Alles andere könnte die ebenfalls intern unter Druck stehende Kramp-Karrenbauer ihrer Partei nicht erklären.

Es werde kein „Begrüßungsgeschenk“ für die neuen SPD-Vorsitzenden geben, sagte Ralph Brinkhaus (CDU), Chef der Unionsfraktion. „Ich glaube, wir sind hier nicht auf einem Kuhhandel, sondern dieses Land hat eine Regierung mit einem Koalitionsvertrag“, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak verwies nach den Parteisitzungen immer wieder auf den Koalitionsvertrag. „Es wird keine Nachverhandlungen geben“, sagte er.

Streitpunkt Mindestlohn

Kleinere Zugeständnisse sind dabei nicht ausgeschlossen. So haben mehrere Unionspolitiker signalisiert, dass man noch mal über eine Reform der Mindestlohnkommission sprechen könne. Auf eine von der Regierung beschlossene Anhebung auf zwölf Euro, wie sie der SPD vorschwebt, will sich die Union aber auf keinen Fall einlassen. Darüber werde es „keine Debatte geben“, sagte Ziemiak. „Der Mindestlohn darf nicht zum Spielball der Politik werden.“

Besonders hartleibig reagiert die Union auf die SPD-Forderung, dass der Bund für höhere Investitionsausgaben auch wieder Kredite aufnehmen sollte. „Schon gar nicht wird es ein Rütteln an der schwarzen Null oder der Schuldenbremse geben“, sagte Ziemiak. Die schwarze Null, also ein schuldenfreier Haushalt, sieht die Union als ihren finanzpolitischen Markenkern. Aber auch SPD-Finanzminister Olaf Scholz hielt daran fest.

Walter-Borjans hat auf dem Parteitag sowohl die schwarze Null wie auch die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse zur Disposition gestellt. Die SPD beschloss einen entsprechenden Antrag. Der Koalitionsvertrag sieht allerdings ein Festhalten an schwarzer Null und Schuldenbremse vor.

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Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken

Die neue SPD-Führung steht für einen Linksruck in der Partei(Foto: dpa)

In der Union halten einige die Beschlüsse der SPD für eine gezielte Provokation. Dieser Verdacht wurde in einer Sitzung des CSU-Vorstands geäußert, der ebenfalls am Montag über den Umgang mit dem Koalitionspartner beriet. „Man kann den Verdacht bekommen, dass von der SPD-Spitze jetzt bewusst inhaltliche Hürden aufgebaut werden, um später einen Bruch der Koalition zu begründen“, wurde CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in Teilnehmerkreisen zitiert.

Indem die Unionsspitze nun demonstrativ ihren Regierungswillen betont, will sie die Schuldfrage für einen möglichen späteren Koalitionsbruch von vornherein zur SPD schieben. Immer wieder erklärte Ziemiak nach den CDU-internen Beratungen, dass man bis zum Ende der Legislaturperiode regieren wolle. Es gebe „noch viel zu tun“, wiederholte er mehrmals. „Die SPD muss aus dem Knick kommen“, sagte er.

„Wir wollen nicht aussteigen, sondern einen Beschluss, eine Idee, dass man die Große Koalition fortsetzen will und vor allen Dingen fortsetzen kann“, sagte CSU-Chef Markus Söder. Was aber nicht gehe, sei „Rote-Linien-Hopping“. Und es gebe auch „keine Datingline“, auf der die Koalitionspartner ständig anrufen könnten. Ein erstes Date mit den neuen SPD-Chefs gibt es allerdings im Koalitionsausschuss vor Weihnachten noch.

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