Problematische Geständnisse
Pflegedienst aus Mücheln gesteht Betrug an Kassen
by Diana Dünschel • Im Prozess wegen Betrugs an Pflegekassen geben die angeklagten Müchelnerinnen alle Vorwürfe zu.
• Der Richter redete den Angeklagten ins Gewissen.
• Warum die Geständnisse jedoch problematisch sind.
Mücheln/Halle (Saale) - Im Prozess wegen Betrugs in Höhe von rund 50.000 Euro vor dem Landgericht Halle hörten die Richter von den beiden angeklagten Frauen aus Mücheln zwei verschiedene Geständnis-Versionen. Die ehemaligen Betreiberinnen eines Pflegedienstes in der Geiseltalstadt sind angeklagt, in den Jahren 2013 und 2014 in 26 Fällen Leistungen abgerechnet zu haben, die gar nicht oder durch nicht dafür qualifiziertes Personal erbracht wurden.
Erheblicher Stress: Pflegedienstleiterin aus Mücheln gestehen Betrug
Am ersten Prozesstag war mit ihnen ein Deal vereinbart worden. Wenn die 56 und 50 Jahre alten Schwestern ein umfassendes Geständnis ablegen, wird das Urteil zwischen einem und zwei Jahren Freiheitsstrafe liegen, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Nun ließen die Müchelnerinnen von den Verteidigern Erklärungen verlesen, in denen sie die Taten grundsätzlich einräumten. Die damals als Pflegedienstleiterin agierende eine Schwester gab zu, Leistungen abgerechnet zu haben, ohne sie zu prüfen. Das könnten auch nicht erbrachte Leistungen gewesen sein.
Sie habe sich nicht bereichern, sondern nur den Patienten helfen wollen, hätte aber unter erheblichem Stress gestanden und sei überfordert gewesen. Ihr Verhalten bedauere sie und wolle den Schaden ersetzen. Dazu sei mit einer Krankenkasse schon eine monatliche Zahlung gemeinsam mit ihrer Schwester über 2000 Euro vereinbart und eine Extrazahlung von 20.000 Euro geleistet worden. Auch ihre Schwester, die sich hauptsächlich um die Abrechnung kümmerte, räumte die Vorwürfe in vollem Umfang ein. Sie habe ebenfalls nur die Versorgung der Pflegedienst-Patienten gewährleisten wollen und bedauere, was geschah.
Geständnisse der Pflegedienstleisterinnen aus Mücheln sind problematisch
Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Richter schätzten diese Geständnisse aber als problematisch ein. Die Angeklagten hätten nur Versäumnisse zugegeben, die Schwere der Taten relativiert und ihr Verhalten nur als fahrlässig beschrieben. Die Anklage sehe aber einen Vorsatz. Die Geständnisse könnten deshalb nicht als vollständig gelten. Die Frauen sollten das noch einmal überdenken. Das Gericht gehe davon aus, dass ihr Motiv keine Raffgier gewesen sei, sondern das Unternehmen nur am Laufen gehalten werden sollte.
Daraufhin formulierten die Angeklagten mit ihren Verteidigern neue Geständnisse. Jetzt gaben sie zu, wissentlich falsch abgerechnet zu haben. Das reiche ihm aus und erscheine glaubhaft, sagte danach der vorsitzende Richter. Die Vereinbarung zum Strafmaß gelte weiter. Dann begann die eigentliche Beweisführung. Zahlreiche Zeugen sind zu mehreren Terminen eingeladen. Sie reichen bis ins neue Jahr. (mz)