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Bye Bye, Sportwelt: Bär Mischa, Maskottchen der Sommerspiele 1980 in Moskau, grüßt ins Nichts.© AFP
Dopingsperre

Die Hintertür bleibt offen

Die Welt-Antidopingagentur verbannt Russland für vier Jahre vom Weltsport, eine Teilnahme unter neutraler Flagge ist jedoch weiter möglich. Auch die Fußball-WM ist betroffen

Russland ist für vier Jahre weitgehend aus dem Weltsport verbannt worden. Das Wada-Exekutivkomitee bestätigte am Montag in Lausanne die Empfehlungen der unabhängigen Prüfkommission CRC einstimmig und suspendierte die russische Antidopingagentur Rusada bis 2023. Athleten des Landes dürfen in dieser Zeit nicht unter eigener Fahne, sondern nur als neutrale Sportler starten. Russland hat 21 Tage Zeit, das Urteil anzunehmen oder es vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas anzufechten. Laut ersten Reaktionen aus Russland will die große Sportnation Einspruch gegen die Strafen einlegen.

Die Wada-Entscheidung hat auch Auswirkungen auf den Fußball. Die Teilnahme einer russischen Fußball-Nationalmannschaft an der WM 2022 in Katar wurde ausgeschlossen. „Wenn sie sich qualifizieren, kann ein Team, das Russland repräsentiert, nicht antreten“, sagte Jonathan Taylor, Vorsitzender der zuständigen Wada-Prüfkommission: „Wenn ein entsprechender Mechanismus eingeführt wird, können sie beantragen, auf einer neutralen Basis anzutreten. Wie dies konkret in den Teamsportarten gemacht wird, wird von Fall zu Fall entschieden.“ Die EM 2020, die auch in St. Petersburg stattfindet, ist davon nicht betroffen, da es sich um ein kontinentales Turnier handelt.

Premierminister Dimitri Medwedew hat die verhängte Vierjahressperre gegen Russland wegen manipulierter Doping-Daten als „Fortsetzung der bereits chronisch gewordenen antirussischen Hysterie“ bezeichnet. Die Entscheidung der Welt-Antidopingagentur (WADA) müsse angefochten werden, sagte der 54-Jährige russischen Medien. Gleichzeitig räumte Medwedew ein, dass es in Russland „erhebliche“ Probleme mit Doping gebe: „Es ist unmöglich, dies zu leugnen.“

„Das Doping in Russland hat zu lange dem sauberen Sport geschadet“, sagte Wada-Präsident Craig Reedie. Der Verstoß der russischen Behörden gegen die im September 2018 genehmigten Bedingungen zur Wiedereinsetzung der Rusada verlangten nach einer robusten Reaktion. „Genau das wurde heute geliefert“, betonte er. Die Wada hatte die dauerhafte Aufhebung der Rusada-Sperre mit der Herausgabe der Dopingdaten aus dem Moskauer Labor verbunden. Es wurden manipulierte Daten geliefert.

Russland sei jede Gelegenheit geboten worden, sein Haus in Ordnung zu bringen, „aber es entschied sich stattdessen dafür, seine Haltung der Täuschung und Verleugnung fortzusetzen“, sagte der Schotte. Die starke Entscheidung des ExCo zeige die Entschlossenheit der Wada. Dabei seien die Rechte der russischen Athleten gewahrt worden, die nachweislich nicht von den „betrügerischen Handlungen“ profitierten.

Die Einzelfallprüfung gilt für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2020 in Tokio und 2022 in Peking, für die Olympischen Jugendspiele und Weltmeisterschaften von Sportarten, die den Wada-Code unterschrieben haben, sowie sogenannten „Major Sport-Events“. Entsprechend könnte Russland bei der WM 2022 höchstens mit „einer Mannschaft aus neutralen Spielern und ohne Flagge antreten“, erklärte Jonathan Taylor, Leiter der Prüfkommission CRC.

Die Strafe als „kleinster gemeinsamer Nenner“

Außerdem darf Russland bis 2023 weder Gastgeber sein, noch sich für eine Ausrichtung großer Wettkämpfe bewerben. Bereits an das Land vergebene Welttitelkämpfe sollen entzogen werden. Betroffen davon könnten unter anderen die Rodel-WM im Februar 2020 in Sotschi, die für 2022 nach Russland vergebene Volleyball-WM und die Kurzbahn-WM der Schwimmer in Kazan sowie die Eishockey-WM 2023 in St. Petersburg sein. Taylor betonte allerdings auch, dass eine gewisse Flexibilität bestehen bleiben müsse. Dies könnte bedeuten, dass etwa die Zeit für einen Ersatzausrichter der Rodel-WM zu kurz ist.

Forensische Untersuchungen durch Wada-Experten hatten ergeben, dass die Moskauer Daten von 2012 bis 2015 „weder vollständig noch vollständig authentisch“ sind. Dies konnte im Vergleich mit einer der Wada 2017 von einem Whistleblower zugespielten Kopie nachgewiesen werden. Die dreiste Manipulation dürfte vergebens gewesen sein.

„Die Wada hat jetzt die Namen aller verdächtigen Athleten in der LIMS-Datenbank“, teilte Taylor mit. „Dank der sorgfältigen forensischen Untersuchung wurden auch die Athleten erfasst, deren Daten manipuliert oder sogar gelöscht wurden – einschließlich der 145 Athleten in der Zielgruppe der verdächtigsten Athleten.“ Diese Athleten, so sie denn noch aktiv sind, sollen von den Olympischen Spielen ausgeschlossen werden.

Trotz der Schwere des Betrug empfahl seine Kommission keinen kompletten Olympia-Bann. Er verstehe die Forderungen. Dennoch sei es die „einhellige Ansicht“ der CRC gewesen, so Taylor, unschuldige Athleten nicht zu bestrafen.

Die Bundesregierung begrüßte den Strafenkatalog gegen Russland und dass Doping derart konsequent verfolgt werde. „Das ist Aufgabe der Wada“, sagte ein Sprecher des für den Sport zuständigen Innenministeriums.

Unterdessen forderte Andrea Gotzmann die Weltsportverbände auf, die Sanktionen „anzuerkennen und ohne weiteren Verzug umzusetzen“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Nationalen Antidopingagentur. Ein Umdenken werde es nur geben, wenn eine systematische Manipulation dieser Größenordnung entsprechende Konsequenzen erfahre und klar werde, „dass der langjährige Betrug an den sauberen Athleten in aller Welt inakzeptabel“ sei. Die Entscheidung sei bereits „der kleinste gemeinsame Nenner“ und dürfe nicht weiter verwässert werden.

Mit Zufriedenheit und Sorge kommentierte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes die Entscheidung. Die Rote Karte für Russland sei nur die logische Konsequenz für das unablässige Manipulieren und Verstoßen gegen die Regeln des Weltsports, sagte Alfons Hörmann. „Es bleibt die Befürchtung, dass nun erhebliche juristische Auseinandersetzungen folgen werden, aber dennoch ist dieser Weg alternativlos“, meinte er. Die entscheidende Frage sei aber einmal mehr: „Ist die Strafe schmerzvoll genug, dass in Russland ein Umdenken stattfindet und wertorientiertes Handeln erreicht wird oder erleben wir nur ein weiter so?“ (sid)