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Volcker im Jahr 2016

Früherer US-Notenbankchef Paul Volcker ist tot

Paul Volcker ging als der Mann in die Geschichte ein, der die Inflation besiegte. Dafür trieb er die Zinsen Anfang der Achtzigerjahre auf mehr als 20 Prozent. Nun ist der frühere Notenbankchef im Alter von 92 Jahren gestorben.

Paul Volcker ist tot. Wie amerikanische Medien unter Berufung auf Volckers Tochter berichten, starb der frühere Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) am Sonntag. Er soll an Prostatakrebs erkrankt gewesen sein.

Volcker ist vor allem als Kämpfer gegen die Inflation bekannt geworden. Als er im Jahr 1979 ins Amt kam, war die Finanzwelt eine völlig andere als heute. Um bis zu 13 Prozent pro Jahr stiegen die Verbraucherpreise - zugleich dümpelte die Wirtschaft nur langsam wachsend vor sich hin. US-Präsident Jimmy Carter musste eine Lösung finden - und ernannte Volcker zum neuen Fed-Chef.

Volcker zeigte sich von Beginn an entschlossen, das Problem zu bekämpfen. "Wir wollten den Inflationsdrachen erlegen", erzählte er laut "New York Times" später rückblickend.

Das Ziel des Notenbankers war es, die Erwartungen der amerikanischen Verbraucher zu brechen. Sie sollten nicht mehr davon ausgehen, dass Preise und Löhne in immer schnellerem Tempo stiegen.

Die Fed verknappte unter seiner Ägide radikal das Geldangebot in der Wirtschaft - was dazu führte, dass die Banken die Zinsen drastisch erhöhten. Die sogenannte Prime Rate, die Banken für Kredite an ihre besten Kunden verlangen, stieg in der Spitze auf 21,5 Prozent.

"Er war so stur wie er lang war"

Die Schocktherapie wirkte: Bis zum Jahr 1983 fiel die Inflationsrate auf unter vier Prozent. Doch die Nebenwirkungen waren schwerwiegend: Weil die Verbraucher sich mit Käufen zurückhielten und keine Immobilienkredite mehr aufnahmen, rutschte die US-Wirtschaft in die Rezession.

Wütende Bauunternehmer schickten als Zeichen ihres Protests Kanthölzer an die Fed-Zentrale in Washington. Vor dem Gebäude demonstrierten Bauern mit ihren Traktoren. Immer mehr Menschen wurden arbeitslos.

Auch Präsident Carter verlor seinen Job unter anderem wegen der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage. Trotzdem hielt er zu seinem 2,01 Meter großen Notenbanker. "Paul war so stur wie er lang war", zitiert ihn die "New York Times" am Montag, "und obwohl einige seiner Entscheidungen als Fed-Chef politisch kostspielig waren, waren sie dennoch richtig."

1983 wurde Volcker von Carters Nachfolger Ronald Reagan für eine zweite Amtszeit an der Spitze der Fed nominiert. Vier Jahre später trat er dann aus persönlichen Gründen zurück - und wurde von Alan Greenspan abgelöst, der in den Neunzigerjahren mit sehr niedrigen Zinsen eine völlig andere geldpolitische Linie verfolgte.

Privat galt Volcker als extrem sparsam. Er kaufte seine Zigarren im Supermarkt und war für seine schlecht sitzenden Anzüge bekannt. Als Fed-Chef lebte er in einem Mietshaus, in dem ansonsten vor allem Studenten wohnten.

Auch nach seinem Ausscheiden aus der Fed blieb Volcker einflussreich. Als Antwort auf die schwere Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 entwarf er im Auftrag von Präsident Barack Obama die nach ihm benannte Volcker-Regel, durch die Eigenhandelsaktivitäten der Banken im Interesse eines stabileren Finanzsystems eingeschränkt werden.

Paul Volcker wurde 92 Jahre alt. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.

stk/Reuters/dpa