Natascha Battus: «Nasser Pudel oder Löwe?»
Ihre Stimme gerät mitten in der Verhandlung ins Stocken. «Reiss dich zusammen!», weisen Sie sich innerlich zurecht. Ihr Atem geht flach. Sie fühlen sich wie ein begossener Pudel. Trainerin Natascha Battus schreibt für finews.life, was man dagegen tun kann.
Körpersignale melden sich oft im ungünstigsten Moment – so unser Eindruck. Vor allem im Job wollen wir uns keine Blösse geben und setzen ein Pokerface auf. Das verstärkt den inneren Alarm höchstens. Die Neurowissenschaft zeigt, dass sich unsere Körpersignale aus früheren Erfahrungen speisen. Dieses Wissen steht uns in rund 200 Millisekunden zur Verfügung. Blitzschnell kommt das innere «Stopp!» oder «Go!»-Signal.
Im Business-Kontext befasste man sich bisher vor allem mit Körpersprache, um andere zu durchschauen. Oder um mit der «richtigen» Sitzhaltung im Bewerbungsgespräch zu punkten. Klüger ist es jedoch, erstmal zu trainieren, die eigenen spontanen Körperreaktionen und Emotionen überhaupt wahrzunehmen, um sie als wichtige Informationsquelle in die Selbststeuerung miteinzubeziehen.
Kopf und Bauch synchronisieren
Körper und Psyche beeinflussen sich gegenseitig. Unsere innere Haltung zeigt sich auch in unserer Körperhaltung. Wenn wir uns ständig vor unserem Chef ducken müssen, leiden wir irgendwann unter einer Nackenverspannung. Oder umgekehrt: Versuchen Sie mal, sich mit eingesunkenen Schultern und einem Blick nach unten kraftvoll zu fühlen.
Wer es schafft, Kopf und Bauch zu synchronisieren, der bleibt in der heutigen hochkomplexen Arbeitswelt souveräner und trifft leichter Entscheidungen.
Sich nicht nur fachlich, sondern auch mental vorbereiten
Bereiten Sie sich auf eine schwierige Situation vor. Sie wissen, dass Sie nervös werden, wenn Ihre Stimme ins Stocken gerät und Sie einen Kloss im Hals spüren. Merken Sie sich körperliche Warnsignale, die auftreten, bevor Sie in die begossener-Pudel-Stimmung kommen.
Nun überlegen Sie; welche Pflanze, welche Filmfigur oder welches Tier hat die Eigenschaften, die Sie in dem Moment dringend brauchen? Zum Beispiel der Löwe? Probieren Sie diese Körperhaltung im stillen Kämmerlein aus: Wie atmet der Löwe, wie bewegt er sich? Nun entwickeln Sie eine unauffällige kleine Geste, die Sie, falls Ihre körperlichen Warnsignale im Meeting anspringen, machen können. Vielleicht eine kurze, angedeutete Kratz-Bewegung auf Ihrem Oberschenkel? Es versetzt Sie schnell in die Löwen-Haltung.
Wenn-Dann-Plan
Übrigens, auch Barack Obama nutzt so ein Micromove, bevor er ans Rednerpult geht: das hawaiianische Surfer-Zeichen für «Hang-Loose», also Lockerheit.
Damit Ihr Micromove auch anspringt, wenn Sie es brauchen, schreiben Sie sich einen Wenn-Dann-Plan auf. Zum Beispiel: «Wenn meine Stimme ins Stocken gerät, dann mache ich mein Micromove.» Der Psychologe Klaus Grawe hat diese Art von Sätzen sehr gut erforscht und zeigt, dass man so seinen unerwünschten Autopiloten unterbrechen und sein Empfinden und Verhalten unter Stress besser steuern kann.
Gang zurückschalten
Unsere Körpersignale sind also kein lästiges Übel, sondern helfen dabei, uns selbst zu regulieren. Das Geheimnis innerer Ausgewogenheit ist, sowohl auf die Pro- und Contras des Verstandes als auch dem Körpergefühl Raum zu geben. Und zwar auch in der positiven Richtung. Viele gestresste Menschen befinden sich nur noch im Reaktionsmodus. Das macht ihren Blickwinkeln eng.
Fragen Sie sich immer wieder: Was macht mir Freude? Was lässt sie mich durchatmen und bringt meine Augen zum Leuchten? Schalten Sie im Alltag von Zeit zu Zeit einen Gang zurück. Drosseln Sie auf dem Weg zum Meeting einfach mal Ihr Schritttempo. So zentrieren Sie sich und werden gleichzeitig wacher und aufmerksamer anderen gegenüber. Eine gute Haltung für einen erfüllenden und erfolgreichen Arbeitstag.
Natascha Battus ist ZRM-Trainerin (Zürcher Ressourcen-Modell), Businesscoach und Buchautorin. Ihr Fokus liegt auf Embodiment, der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche. Sie vermittelt, wie man dieses Zusammenspiel im Alltag nutzen kann, um die eigene Lebensqualität und Beziehungskompetenz zu verbessern und an Ausstrahlung zu gewinnen.