Mordrohungen

Türkische Radikale setzen Uni-Professor unter Druck

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Essen/Bochum - Professor Burak Çopur ist schockiert. Seit der Ausstrahlung eines sechs Minuten langen Beitrags im ARD-Magazin „Titel, Thesen, Temperamente“ vom vergangenen Sonntag ist der Wissenschaftler und Türkei-Experte an der Universität Duisburg/Essen üblen Anfeindungen türkischer Nationalisten und Kemalisten ausgesetzt. In dem Fernseh-Stück ging es um das Massaker der türkischen Armee an der alevitischen Minderheit, den sogenannten Dersim-Aufstand in den Jahren 1937/38.

Çopur hatte den TV-Beitrag in den sozialen Medien kommentiert. Seitdem werden Rektorat und Dekanat der Universität mit Mails bombardiert, in denen in aller Deutlichkeit gefordert wird, Çopur den Lehrauftrag am Institut für Turkistik zu entziehen, weil dieser „sich in sozialen Medien und der Presse zunehmend häufiger und parteiischer zu Türkeithemen“ äußere. „Ein Blick in den Seiten von Burak Çopur in den gängigen Sozialmedien zeigt diese verstörte Haltung deutlich“, heißt es in einem der Schreiben, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt.

Morddrohungen erhalten

Çopur, der nach eigenen Angaben wegen seiner kritischen Haltung zum Erdogan-Regime auch schon Morddrohungen erhalten habe, will sich nicht einschüchtern lassen. „Man will mich mundtot machen. Es macht mir Sorgen, dass der lange Arm Erdogans schon bis in die Hörsäle reicht und man versucht, kritische Wissenschaftler an den Universitäten zum Schweigen zu bringen.“

An der Goethe-Universität in Frankfurt etwa soll die Universitätsleitung laut des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) im November mit dem türkischen Generalkonsulat kooperiert und Mitglieder des Asta darum gebeten haben, die Namen von Vertretern kurdischer Studentengruppen offenzulegen. Die Universitätsleitung und das Konsulat dementieren.

Universität stellt sich hinter Türkei-Experten

Çopurs Arbeitgeber, die Universität Duisburg/Essen, hat sich in einer Presseerklärung hinter ihren Professor gestellt. „Wir verurteilen jedweden Angriff auf die grundgesetzlich verbürgte Freiheit der Wissenschaft. Dazu gehören auch Versuche, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich innerhalb der Grenzen unserer Verfassung bewegen, unter Druck zu setzen“, heißt es darin.

Dass der türkische Staat auf türkeistämmige Menschen in Deutschland immer mehr Druck ausübt, hat auch der Bochumer Sozialpädagoge Yasar Kaya erfahren, dessen Großeltern in den 1930er Jahren Opfer des Massakers von Dersim waren. Kaya bemüht sich seit 2003, die Geschichte dieses Genozids aufzuarbeiten, bei dem offiziell mindestens 13 000 Menschen starben. Zusammen mit anderen hat Kaya das Oral History Projekt „Dersim 1937/38“ ins Leben gerufen, das zu einer Stiftung werden soll.

Bisher habe er in Deutschland relativ geräuschlos arbeiten können, doch seit der Ausstrahlung des ARD-Beitrags, in dem Kaya selbst ausführlich zu Wort kommt, sei das anders. „Ich bin schon gewarnt worden, bloß nicht mehr in die Türkei zu reisen“, sagt er. Noch im Sommer sei er in Dersim, das heute Tunceli heißt, bei seiner Familie gewesen. Er sei sich sicher, dass er in Deutschland unter ständiger Beobachtung der türkischen Behörden stehe.