Verhaltensweisen: Welcher Frage-Typ sind Sie? Was es über Sie aussagt, wie Sie anderen eine Frage stellen
by FOCUS Online„Sage mir, welcher Typ Du bist, und ich sage Dir, wie du fragst“ – Sind Sie eher der dominant, intuitiv, stetig oder gewissenhaft? Und was sagt das überhaupt aus über unsere Persönlichkeit und unsere Beziehung zu anderen? FOCUS Online-Experte Andreas Patzrek klärt auf.
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Zwei Kollegen verlassen ein längeres Meeting und unterhalten sich.
Kollege A "Der neue Logistik-Leiter war heute mal wieder heftig drauf, er hat teilweise versucht, dich mit seinen Fragen richtig zu verhören (klopft seinem Kollegen aufmunternd auf die Schulter) – aber hast Dich wacker geschlagen."
Kollege B "Ja, ja, das war nicht schlecht von ihm (schmunzelt), aber ich kenne ihn ja inzwischen, das ist eben ein waschechter Tief-Roter, der kann nicht anders als so zu fragen."
Kollege A: "Was, das soll ein Linker sein? Nie im Leben."
Kollege B "Quatsch, nicht politisch. Ich meinte das in Bezug auf das DISG-Persönlichkeitsprofil, wie wir es vor kurzem im Seminar gelernt haben, hast du es schon wieder vergessen?"
Das DISG-Modell ist ein vielfach verwendetes Model zur Beschreibung persönlicher Präferenzen und Verhaltensweisen, das dabei helfen soll, sich selbst besser zu reflektieren und zu verstehen. Gleichzeitig soll es auch dazu führen, die individuellen Eigenheiten und Merkmale fremder Personen zielgerichteter erkennen und respektieren zu können.
Der DISG-Ansatz unterscheidet vier verschiedene Typen:
- Der D-Typ (Farbe: Rot) DOMINANT
Sie/er sucht vor allem Lösungen für Probleme und will diese sofort umsetzen.
Sie/er ist ungeduldig, Einwände werden als Ausweichen interpretiert und Macht und Autorität zielgerichtet eingesetzt zur Konfliktlösung. - Der I-Typ (Farbe: Gelb) INTUITIV
Im Gegensatz dazu kommuniziert dieser Typ eher taktvoll und versucht, Andere zu überzeugen. Auftretende Widerstände und Spannungen werden auch mit Humor abgebaut – gleichwohl spielt auch hier das Erreichen eigener Interessen eine bedeutende Rolle. - Der S-Typ (Farbe: Grün) STETIG
Menschen mit dieser primären Verhaltenstendenz wollen vor allem im Einklang mit Anderen stehen. Sie bleiben geduldig und gefasst bei anderen Standpunkten. Sie erwarten Struktur und Sicherheit und schenken gerne Details ihre Aufmerksamkeit. - Der G-Typ (Farbe: Blau) GEWISSENHAFT
G-Personen sind in der Regel sehr diplomatisch und taktvoll, und halten sich gerne im Hintergrund. Sie legen aber großen Wert auf ein systematisches Vorgehen und dass „alles ordentlich und entlang fixierter Regeln“ geschieht.
Natürlich gibt es solche „Persönlichkeitstypen“ weder in Reinform, noch sind die beschriebenen Verhaltensweisen immer 1:1 darstellbar. Darum geht es hier auch nicht. Aber die meisten Menschen lassen sich doch gewissen übergreifenden Kategorien zuordnen – und das wiederum hat auch Einfluss auf ihr Frageverhalten.
Über den Experten
Andreas Patrzek, Diplom-Psychologe und Betriebswirt, gehört zu den führenden Experten auf dem Gebiet der Fragetechnik. Er leitet QUESTICON, ein Institut für Gesprächsführung und Fragetechnik. Er leitet Seminare, hält Vorträgen und schreibt Bücher. Sein Lieblingsthema "Fragen sind nichts für Feiglinge".
Das bedeutet, dass wir in unserer Art und Weise zu fragen auch von der Grundpersönlichkeit, die wir quasi mitbringen, geprägt sind. Wenn wir also unser Frageverhalten optimieren wollen, geht es auch darum, eigene grundsätzliche Verhaltenstendenzen zu reflektieren und gegebenenfalls damit in Verbindung stehende Chancen und Risiken zu berücksichtigen.
Vereinfacht könnten man sagen, die Aussage „Sage mir welcher Typ Du bist, und ich sage Dir wie du fragst“ – ist gar nicht so abwegig.
- Der D-Typ (Farbe: Rot, DOMINANT) fragt generell eher wenig, macht lieber Ansagen; wenn sie/er fragt, dann eher direkt, ausfragend, verhörend, knapp. Der/Die Gegenüber fühlt sich leicht in die Ecke gedrängt.
- Der I-Typ (Farbe: Gelb, INTUITIV) fragt generell mehr und freundlicher als der D-Typ; die Fragen werden aber leicht suggestiv, weil im Vordergrund der Wunsch nach Akzeptanz und Anerkennung steht.
- Der S-Typ (Farbe: Grün, STETIG) wird eher vorsichtig und freundlich fragen – wobei die Gefahr besteht, dass die Fragen zu lang und ausführlich werden. Sie/er will, das alle möglichen Aspekte berücksichtigt werden.
- Der G-Typ (Farbe: Blau, GEWISSENHAFT) will keiner Person zu nahe treten, aber es geht ihnen primär um die Sache und so bohren sie mit Fragen immer wieder im Detail nach, bis Sie den Eindruck haben, die Dinge verstanden und geordnet zu haben.
Tipp/Folge für die Praxis:
- Erster Schritt: Hand aufs Herz: Zu welchem Typ fühlen Sie sich am ehesten zugehörig?
- Zweiter Schritt: Welche Frage-Gefahr erkennen Sie bei sich hierbei?
- Dritter Schritt: Wie könnten Sie in Zukunft weniger von diesem Verhalten zeigen?
- Vierter Schritt: Von welchem Frageverhalten anderer „Typen“ hätten Sie gerne ein wenig mehr?
- Fünfter Schritt: Wann wollen Sie dies das erste Mal versuchen?
- Sechster und wichtigster Schritt: Behalten Sie eine gesunde Distanz zu jedem (Farb-)Typologie-Persönlichkeit-Ansatz – aber fragen Sie sich öfter: Was für ein Frage-Typ bin ich denn eigentlich – und was bedeutet dies für mich und meine Umwelt?
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