Sonnensystem
Interstellarer Komet „Borisov“ kommt der Sonne nie wieder so nah
by Tanja BannerDer interstellare Komet 2I/Borisov erreicht den sonnennächsten Punkt seiner Flugbahn. Zahlreiche Teleskope in aller Welt beobachten ihn dabei.
Als der Amateur-Astronom Gennady Borisov im August einen bis dahin unbekannten Himmelskörper entdeckte, hätte er sich wahrscheinlich nicht träumen lassen, was derzeit passiert: Die größten Teleskope der Welt beobachten den Himmelskörper, der sich als erster interstellarer Komet herausstellte und mittlerweile den Namen seines Entdeckers trägt: 2I/Borisov. Denn derzeit nähert sich der Komet der Sonne und dann der Erde an.
Am 8. Dezember erreicht der interstellare Komet den sonnennächsten Punkt seiner Flugbahn, das so genannte Perihel. Er wird dabei immer noch etwa 300 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt sein - doppelt so weit wie die Erde. Trotzdem können sich manche Astronomen offenbar vorstellen, dass 2I/Borisov die Hitze zu viel wird und er möglicherweise in der Nähe der Sonne zerfällt, wie astronomy.com berichtet.
Zerbricht der interstellare Komet 2I/Borisov in der Nähe der Sonne?
„Manche Kometen haben große Ausbrüche in großer Entfernung zur Sonne. Und manche Kometen verhalten sich völlig normal. Also kann es keiner vorhersagen“, zitiert das Astronomie-Magazin den Nasa-Forscher Adam McKay, der den interstellaren Kometen bereits seit einiger Zeit beobachtet. „Wir werden den Kometen jeden Tage beobachten und wenn er zerfällt, wenn er etwas verrücktes tut, werden wir es sofort wissen.“
Ein Team um den Astronomen McKay hat erst kürzlich eine Studie veröffentlicht, wonach der interstellare Komet 2I/Borisov* zum Teil aus Wasser besteht. Das ist bei Kometen, die aus unserem Sonnensystem stammen, relativ üblich: Gefrorenes Wasser hält das Gestein, aus dem Kometen bestehen, zusammen. Nähern sie sich der Sonne, schmilzt es – der charakteristische Kometenschweif entsteht.
Bisher konnten zwei interstellare Himmelskörper im Sonnensystem beobachtet werden
Ob Wasser bei interstellaren Himmelskörpern normal ist, weiß man bisher nicht, da es bisher kaum Möglichkeiten gab, das zu untersuchen. Schließlich drang vor 2I/Borisov erst ein Himmelskörper von außerhalb in unser Sonnensystem ein. Und bei 1I/Oumuamua*, wie der erste interstellare Himmelskörper in unserem Sonnensystem genannt wurde, hatten die Forscher kein Wasser entdeckt.
Auch aus diesem Grund gingen sie davon aus, dass es sich bei 1I/Oumuamua nicht um einen Kometen, sondern um einen Asteroiden handelt: Dem Himmelskörper fehlte der charakteristische Schweif. Doch später stellte sich heraus, dass der interstellare Himmelskörper sich schneller bewegte, als vorausberechnet. Forscher kamen zu dem Schluss, dass 1I/Oumuamua wohl doch „ausgast“, das heißt, er gibt durch die Strahlung der Sonne Material von seiner Oberfläche ab, wie man es von Kometen kennt. Dieses ausgestoßene Material könnte dem interstellaren Himmelskörper den kleinen Schub gegeben haben, der ihn etwas schneller machte, als berechnet. 1I/Oumuamua könnte also doch ein Komet gewesen sein.
Interstellarer Besucher 1I/Oumuamua hat das Sonnensystem längst verlassen
Doch genau werden es die Wissenschaftler wohl niemals erfahren – denn der Himmelskörper wurde erst entdeckt, als er dabei war, unser Sonnensystem wieder zu verlassen. Den Forschern blieb nicht viel Zeit, 1I/Oumuamua genau zu untersuchen und mittlerweile ist der Himmelskörper längst zu weit weg, um ihn noch zu beobachten. Bei 2I/Borisov war das Glück jedoch auf der Seite der Wissenschaft: Weil der Komet bereits auf seinem Weg hinein ins Sonnensystem entdeckt wurde, haben Forscher viel mehr Zeit, ihn genauestens zu beobachten. Besonders interessant ist für sie die aktuelle Zeit: Wie reagiert der Komet auf die Wärme der Sonne?
2I/Borisov bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 150.000 Kilometern pro Stunde durch das Sonnensystem. „Das ist deutlich mehr als die Geschwindigkeit von Objekten, die die Sonne in dieser Entfernung umkreisen“, erklärte Nasa-Forscher Davide Farnocchia kurz nach der Entdeckung von 2I/Borisov. „Die hohe Geschwindigkeit zeigt nicht nur, dass das Objekt sehr wahrscheinlich von außerhalb unseres Sonnensystems kommt, sondern auch, dass es unser Sonnensystem wieder verlassen wird.“ Doch zuvor nähert sich der interstellare Besucher noch der Erde: Am 28. Dezember kommt er ihr auf seiner Flugbahn am nächsten, bleibt jedoch weiter entfernt als der Planet Mars.
Forscher beobachten den interstellaren Kometen 2I/Borisov genau
Den Forschern bleibt noch einige Zeit, den interstellaren Kometen weiter zu erforschen. „Das Objekt wird Mitte Dezember die größte Helligkeit erreichen und bis April 2020 mit mittelgroßen Teleskopen zu sehen sein“, so Farnocchia. Bis Oktober 2020 sei 2I/Borisov dann nur noch mit „größeren, professionellen Teleskopen“ zu beobachten. Bisher weiß man, dass der interstellare Komet einen rötlichen Farbton hat und größtenteils aus Staub besteht. Sein Kern hat einen Durchmesser von etwa zwei Kilometern, mitsamt Schweif und Staubwolke ist er jedoch deutlich größer.
2I/Borisov ähnelt Kometen aus unserem Sonnensystem, woraus Forscher folgern, dass Kometen in anderen Sonnensystemen durch ähnliche Prozesse entstehen könnten. Dass innerhalb von nur zwei Jahren gleich zwei interstellare Objekte im Sonnensystem entdeckt wurden, könnte bedeuten, „dass es ausreichend viele solcher Objekte gibt, um Prozesse in Planetensystemen zu untersuchen, die über unsere eigenen hinausgehen“, so die Internationale Astronomische Union (IAU) in einer Mitteilung.
Wird es weitere interstellare Objekte im Sonnensystem geben?
Amateur- und Berufsastronomen in aller Welt werden nun sehr wachsam sein und die Augen offen halten, um den nächsten interstellaren Besucher in unserem Sonnensystem nicht zu verpassen. Und auch Gennady Borisov wird bei der Suche sicher dabei sein. Der Amateurastronom betreibt auf der Halbinsel Krim seine eigene Sternwarte, wo er mit einem selbstgebauten Teleskop den Kometen entdeckt hat. Es ist nicht der erste Himmelskörper, den Borisov als erster Mensch gesehen hat: Borisov hat zwischen 2013 und 2019 zehn Kometen entdeckt - einer davon der interstellare Besucher, der nun seinen Namen trägt.
Von Tanja Banner
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