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Pressekonferenz der jungen Klimaaktivisten in Madrid ©© 2019 AFP

Thunberg und Neubauer reden Verhandlern in Madrid mit Mitstreitern ins Gewissen

Zum Auftakt der zweiten und entscheidenden Woche der UN-Klimakonferenz ist die Verantwortung der reichen Industrieländer für die Entwicklungsländer in den Blickpunkt gerückt worden.

Zum Auftakt der zweiten und entscheidenden Woche der UN-Klimakonferenz ist die Verantwortung der reichen Industrieländer für die Entwicklungsländer in den Blickpunkt gerückt worden. Die Klimaaktivistin Greta Thunberg und ihre Mitstreiterin Luisa Neubauer sagten am Montag in Madrid, sie wollten den Menschen im globalen Süden ihre "Stimme leihen", weil diese am meisten unter der Erderwärmung litten. Das Bundesentwicklungsministerium sagte derweil zusätzliche Klima-Entwicklungshilfen im Umfang von 500 Millionen Euro zu.

Der Klimawandel "trifft heute schon zahllose Menschen", sagte Thunberg. Die 16-jährige Schwedin und ihre prominente Mitstreiterin aus Deutschland ließen daher sechs junge Klimaaktivisten aus verschiedenen Weltregionen zu Wort kommen. Neubauer rief dazu auf, sich mit diesen "echten Geschichten" von Opfern des Klimawandels auseinander zu setzen.

Nakabuye Hilda Flavia aus Uganda kritisierte, trotz der immer deutlicheren Auswirkungen der Erderwärmung sei bei den reichen Industrieländern "kein oder sehr wenig Handeln" zu erkennen. Damit ließen sie Afrika und andere arme Weltregionen im Stich. Die US-Ureinwohnerin Rose Whipple berichtete von ihrem Kampf gegen eine Öl-Pipeline am Mississippi und rief dazu auf, "dass wir wieder eine Verbindung zu Mutter Erde herstellen".

Auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hob hervor, die "Klimafrage" entscheide sich "in den Entwicklungs- und Schwellenländern". Für kommendes Jahr stelle sein Ministerium (BMZ) diesen daher im Rahmen mehrerer Klima-Initiativen 500 Millionen Euro zusätzlich bereit.

Müllers Ministerium stellte in Madrid gemeinsam mit den Versicherungsunternehmen Global Parametrics und HannoverRe den Natural Disaster Fund (NDF) Deutschland vor. Dieser soll Hilfsorganisationen und andere Institutionen in Entwicklungsländern absichern, damit diese nach einer Naturkatastrophe schnell Hilfe leisten können.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im BMZ, Maria Flachsbarth, kündigte in Madrid einen Beitrag von 25 Millionen Euro für den NDF an. HannoverRe bringe 50 Millionen Euro Risikoversicherungskapazität ein. Mit diesen Zusagen sollen rund 100 Millionen Menschen abgesichert werden.

Müllers Ministerium kündigte zudem eine neue Ausschreibung für Meeres- und Küstenschutzprojekte im Westindischen Ozean an. Um Küstenbewohner bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen, investieren der internationale Grüne Klimafonds (GCF) und das Bundesentwicklungsministerium gemeinsam 55 Millionen Euro.

Zu den weiteren Initiativen, die das BMZ in Madrid vorstellte, gehören die Förderung von Grünen Anleihen sowie eine Partnerschaft mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Unterstützung von Finanzministerien und Zentralbanken in Entwicklungsländern bei der Berücksichtigung von Klimarisiken.

Die Klima-Referentin von Brot für die Welt, Sabine Minninger, erklärte, die Finanzzusage des Bundesentwicklungsministeriums sei "ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung." Es sei "allerdings schwer nachzuvollziehen, warum Deutschland und die EU sich nach wie vor verweigern, einem Fonds für Klimaschäden zuzustimmen, in den alle Industrieländer einzahlen".

Die Industrieländer haben sich zwar bereit erklärt, die Entwicklungsländer bei Maßnahmen für den Klimaschutz und die Anpassung an die Erderwärmung zu unterstützen. Um einen Mechanismus für bereits eintretende Klimaschäden wird aber weiter gerungen. "Ein Scheitern der Konferenz bei diesem Thema wäre ein Desaster", warnte der klimapolitische Koordinator der Hilfsorganisation Care, Sven Harmeling, in Madrid.

Ein weiteres zentrales Verhandlungsthema ist die Ausgestaltung von Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens, der eine Einbeziehung von Marktmechanismen vorsieht. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth sagte in Madrid, nach der Vertagung dieses Punktes im vergangenen Jahr wolle die Bundesregierung nun eine Einigung - allerdings "nicht um jeden Preis".

Wenn die Regeln zu Artikel 6 Doppelzählungen von Klimaschutzmaßnahmen in Form von Emissionszertifikaten zuließen und eine riesige Menge alter Verschmutzungsrechte unter dem Kyoto-Protokoll weiter gelten lassen würden, drohe das Pariser Abkommen unterlaufen zu werden, warnte Flasbarth. "Gerade dieses Thema muss absolut sorgfältig und wasserdicht gestaltet sein."

AFP