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Beliebter Speckgürtel: Projekt Klostergarten in Klosterneuburg. (c) Value One

Investoren suchen den sicheren Hafen

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Wie hat sich der Immobilienmarkt 2019 in Österreich entwickelt? Am meisten prägen die stagnierenden Zinsen den heimischen Markt – auf ganz unterschiedliche Weise.

Die internationale Finanzpolitik hat im heurigen Jahr den Takt in der Immobilienwirtschaft in Österreich angegeben. „Wir haben auf Jahre hinaus Prognosen, dass die Zinsen nicht steigen werden“, berichtet Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer der Signa: „Das macht Developments und Investments klarer kalkulierbar.“ Aber diese auch alternativloser - Investoren suchen den sicheren Hafen in Immobilien. Und das um (fast) jeden Preis.

 

Hilton in koreanischer Hand

Ein typisches Beispiel dafür war „sicherlich der Verkauf des Hilton an ein koreanisches Konsortium“, meint Michael Mitterdorfer, Geschäftsführender Gesellschafter bei Alosima Capital. Um 334 Millionen Euro wechselte das Hotel seine Besitzer, und der neue Eigentümer möchte noch einmal rund 67 Millionen Euro in den neuen Besitz investieren. Dieser Kauf zeige einerseits die Bewertung der Hotelimmobilien vonseiten der Asiaten – vor allem mit Blick auf die weiter anschwellenden Tourismusströme aus China – allerdings auch, dass es „keine Alternativen zur Zinspolitik“ gibt, wie Mitterdorfer erklärt. Getrieben von der Geldmarktpolitik rechnet der ehemalige Chef der Alosima – die Immobiliengesellschaft der Karl-Wlaschek-Privatstiftung – damit, dass es daher „weitere Renditesenkungen“ geben wird.

Es gibt keine Alternativen zur ZinspolitikMichael Mitterdorfer, Alosima Capital

Die Geldmarktpolitik treibt aber nicht nur die Preise nach oben, sondern auch die Investoren vermehrt aus Wien – und in die Bundesländer.

 

Stadtflucht der Investoren

2019 suchten sie bereits intensiv, wobei nicht nur die hohen Preise, sondern auch das gesunkene Angebot in Wien eine wesentliche Rolle spielen. Dass die Investoren ihren Fokus auch außerhalb Wiens positionieren, „hat uns dazu veranlasst, in Linz ein Büro zu eröffnen“, berichtet Andreas Ridder, Managing Director CBRE Österreich & CEE. Das Linzer Büro soll den oberösterreichischen Zentralraum umfassend abdecken. Sollte sich die Nachfrage der Investoren noch weiter verlagern, so wäre auch „weiter westlich ein weiterer Standort möglich“, blickt Ridder vorsichtig in die Zukunft.

Die Preise locken dabei nicht nur die Investoren aus der Stadt, auch die Wohnbauträger zieht es vermehrt in ländliche Regionen. „Ich hätte nicht geglaubt, dass die Liegenschaftspreise weiterhin so steigen“, sagt der Geschäftsführer der Süba, Heinz Fletzberger. Bereits 2019 hat man begonnen, nach Niederösterreich auszuweichen. „Wir haben zum Beispiel in Wiener Neustadt, Krems, Tulln, Stockerau oder St. Pölten einige Liegenschaften gekauft. Das sind Städte, die durch ihre Bedeutung, Größe und Lage prädestiniert sind, um hier Projekte zu entwickeln.“ Das Unternehmen war aber nicht das einzige, das über Wien hinaus expandiert hat. Walter Hammertinger, Geschäftsführer der Value One Development: „Wir haben innerhalb des Viertel Zwei viel Know-how aufgebaut, das wir jetzt im Großraum Wien auf neue Projekte anwenden wollen.“

Wobei der Großraum Wien recht weit gedacht wird. Entscheidend ist, dass die Städte nicht nur mit dem Auto, sondern auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut an die Bundeshauptstadt angebunden sind und die Grundstücke etwas Besonderes bieten müssen. Fletzberger: „Die von uns erworbenen Liegenschaften liegen entweder zentral, im Herzen der Städte, oder wie in Krems in einer wunderschönen Lage.“

Auch traditionell klassische Nischenthemen wie studentisches oder betreutes Wohnen legten 2019 weiter zu. Für den anhaltenden Boom des studentischen Wohnens steht wohl bezeichnenderweise der Verkauf des DC Tower 3 Ende Oktober von der S+B Gruppe an die amerikanische Investmentgesellschaft Greystar.

 

Angekommen in der Nachhaltigkeit

„Wir sprechen zwar schon lange von Nachhaltigkeit, aber diese ist heuer definitiv angekommen“, meint Daniela Witt-Dörring, Partnerin bei Weber & Co. Rechtsanwälte.

Zwar haben die Projektentwickler immer „Wert auf ein Zertifikat gelegt“, berichtet die Anwältin, aber ausschlaggebend dafür war hauptsächlich die Nachfrage danach vonseiten der internationalen Käufer. Das hat sich verändert, wie Witt-Dörring meint: „Früher wollten die Projektentwickler die Anforderungen der Fonds umfassend erfüllen, jetzt machen sie es aus eigenem Antrieb.“

Der wesentlichste Meilenstein für 2019 wird wohl auf 2020 verschoben: Die gesamte Immobilienwirtschaft wartet gespannt auf die Bildung der neuen Regierung – die neue Konstellation wird nämlich wesentliche Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2019)