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(Bild: Lycs Architecture / Unsplash )

Bürovermieter WeWork und weitere überreizte Einhörner

Milliarden Dollar für Startups ohne Gewinne? Dramatische Wertverluste bei WeWork und dem Vision Fund von Softbank bringen die Wagniskapitalgeber zum Umdenken.

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Mittlerweile gibt es weltweit mehr als 300 so genannte Einhörner, also Startups mit einem Wert über eine Milliarde Dollar. Was also einst seltene Ausnahme war, ist inzwischen fast zum Standard geworden – ob die jungen Firmen nun Geld verdienten (eher selten) oder nicht (sehr oft). Doch die Zeichen mehren sich, dass es so nicht weitergehen wird. Mit dem Scheitern von WeWork hat in der Risikokapitalbranche ein Umdenken eingesetzt. Es dürfte dem Trend der immer höheren Bewertungen für schnell wachsende Technologieunternehmen schon vor dem Börsengang vorläufig ein Ende gesetzt haben, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Special-Ausgabe (jetzt im Handel).

TR 13/2019
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Dieser Beitrag stammt aus Ausgabe 13/2019 der Technology Review. Das Special-Heft ist ab 5.12.2019 im Handel sowie direkt im heise shop erhältlich. Highlights aus dem Heft:

"Ich glaube, wir haben an den Märkten für Spätphasen-Wagniskapital eine Narration erlebt, dass jedes Unternehmen wie ein Software-Unternehmen bewertet werden sollte, weil Software die ganze Welt verschlingt", schrieb nach dem WeWork-Desaster selbstkritisch Fred Wilson, dessen New Yorker Gesellschaft Union Square Ventures unter anderem in Twitter investiert hat. "Und jetzt fällt diese Narra­tion auseinander."

Einhörner mit Wertverlust

Denn WeWork war 2019 keineswegs der einzige Fall. Den Fahrdienstleister Uber bewerteten Banken vor dem Börsengang mit bis zu 120 Milliarden Dollar. Anleger wollten jedoch nur 76 Milliarden Dollar bezahlen – und seitdem hat Uber am Markt noch einmal über ein Drittel seines anfänglichen Börsenwerts verloren.

Ähnlich erging es dem deutlich kleineren Einhorn Peloton Interactive. Das New Yorker Start-up verkauft hauptsächlich teure Heimtrainer, aber weil die vernetzt sind und im Abo Zugriff auf exklusive Inhalte bieten, bezeichnet es sich selbst als die "größte interaktive Fitness-Plattform der Welt". Der Börsengang im September musste zwar nicht abgesagt werden, aber bis Ende des ersten Handelstages verlor die Aktie elf Prozent. Seit 2008 hatte es nur zwei Unternehmen gegeben, deren Börsendebüt noch schwächer ausfiel – auch wenn Pelotons Kurs sich später wieder berappelte.

Disruption vs. Rechnung

Alle drei Startups haben eine wichtige Gemeinsamkeit: Sie alle sind in traditionellen Branchen tätig, die sie mit modernen Mitteln auf den Kopf zu stellen versprachen. Ihnen ging es um Disruption, und das hört sich so gut an, dass offenbar auch Finanzprofis darüber manchmal das Rechnen vergessen.

In die Schlagzeilen geriet etwa das japanischen Technologie-Konglomerat Softbank mit seinem Vision Fund. Er sammelte problemlos mehr als 100 Milliarden Dollar ein, doch mittlerweile dürften es die Anleger bereuen. Rund acht Milliarden aus dem Vision-Topf gingen an Uber, was dem Fonds bis August 2019 etwa 600 Millionen Dollar Buchverlust einbrachte. Bei WeWork investierte Softbank insgesamt 22 Milliarden Dollar, von denen nach dem geplatzten Börsengang fünf Milliarden abgeschrieben werden mussten. Der sonst selbstbewusst auftretende Softbank-­Gründer Masayoshi Son entschuldigte sich japanisch-­demütig vor Anlegern für die Verluste und sagte, er habe Fehler gemacht.

Für Mike Wilson, Aktienstrategiechef USA bei der Investmentbank Morgan Stanley, ist sogar eine Ära zu Ende gegangen. Er vergleicht das Geschehen mit anderen einschneidenden Ereignissen wie der Notübernahme des Bankhauses Bear Stearns durch den Konkurrenten JP Morgan Chase zu Beginn der Finanzkrise 2008. "Außergewöhnliche Bewertungen für alles zu bezahlen, ist eine schlechte Idee, vor allem für Unternehmen, die möglicherweise nie einen positiven Cashflow generieren werden", schrieb Wilson in einer Marktstudie. Die Tage der großzügigen Finanzierungen sind ihm zufolge vorbei.

Mehr dazu und weitere Rückblicke auf das Technologie-Jahr 2019 lesen Sie im Special-Heft von Technology Review (jetzt im Handel).

(jle)