Seltene Erfolgsgeschichte
NS-Raubkunst geht an Erben zurück
Bilder, die durch die Hände des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt gingen, finden zu den Nachfolgen zurück: Ein Fall aus dem waadtländischen Rolle zeigt, wie eine Suche erfolgreich enden kann.
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Diego Gradis sitzt in seinem Büro im waadtländischen Rolle. Auf dem Tisch stehen Fotos. Eines zeigt seine Grossmutter Georgette Deutsch de la Meurthe und ein anderes ihr Stadtpalais in Paris.
In diesem Palais quartierten sich im Zweiten Weltkrieg die deutschen Besatzer ein. In diesem Haus befanden sich auch vier Bilder – Bilder, von deren Existenz der 64-jährige Erbe keine Ahnung hatte.
Bilder mit persönlichem Wert
Bei diesen vier Bildern handelt es sich nicht um aussergewöhnliche Werke. Sie sind von kleinem Format. Zwei davon zeigen Landschaften, zwei weitere Porträts. Die Maler sind eher unbekannt. Für den Transfer in die Schweiz mussten die Bilder geschätzt werden, für die Zollformalitäten. Etwa 5000 Franken sind sie wert. Mehr nicht.
«Für meine Familie ist nicht der finanzielle Wert entscheidend, die Bilder haben einen enormen symbolischen und sentimentalen Wert», sagt Diego Gradis. Denn die Grossmutter überlebte zwar den Zweiten Weltkrieg durch die Flucht in die Schweiz, verlor aber alles.
Rückverfolgung einer Reise
Wo waren die Bilder zwischen dem Zweiten Weltkrieg und der Rückgabe? Sicher ist, dass sie durch die Hände von Hildebrand Gurlitt gingen, dem Kunsthändler der Nazis. Dieser vermachte die vier Bilder der Familie Deutsch de la Meurthe aber nicht seinem Sohn Cornelius – sondern seiner Tochter Benita.
Diese wiederum verkaufte sie an einen privaten Sammler. Der Sammler bekam kalte Füsse, als die deutsche Polizei die Sammlung von 1500 Bildern von Cornelius Gurlitt in einer Münchner Wohnung entdeckte. Darauf meldete sich auch der private Sammler bei der Polizei, sagt Diego Gradis.
Gefunden wurden die Erben dann von der «German Lost Art Foundation». Die Bilder wurden ihnen von der deutschen Staatsministerin für Kultur zurückgegeben.
Neue Mission
Gradis und seine Verwandten wollen den Bildern nun eine neue Mission geben. «Die Bilder beginnen nun ein neues Leben und werden weltweit ausgestellt, um der jungen Generation die Folgen dieser Kunstraube aufzuzeigen und den damit verbundenen Schmerz», sagt Gradis.
Und obwohl die vier Bilder nicht kostbar sind, wacht Diego Gradis nun aufmerksam darüber. Wenn etwa die Gradis reisen, dann werden sie im Banksafe eingeschlossen.
Die vier Bilder der Familie Deutsch de la Meurthe: Sie sind ein Beispiel dafür, dass Restitutionsforderungen schliesslich doch zum Erfolg führen können. Auch weil das selten vorkommt, wollen die Erben mit den Bildern andere Kunstsammler ermuntern, die Herkunft ihrer Bilder ebenfalls abzuklären.