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Journalist Markus Peichl, Leiter der Lead Academy
(Foto: dpa)

Schönheit ist nicht mehr genug

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Die Oscars werden auch in diesem Jahr wieder in Hamburg verliehen. Zumindest die gerne "Print-Oscars" genannten Lead Awards. Gekürt werden am Montag die "Blattmacher des Jahres". Zuletzt bekamen die Auszeichnung etwa Marion Horn als Chefredakteurin der Bild am Sonntag, Christoph Amend, Chefredakteur des Zeit-Magazins, oder Ricarda Messner, verantwortlich für die Independent-Magazine Flaneur und Sofa. Ein Gespräch mit dem Leiter der Lead Academy, Markus Peichl.

SZ: Herr Peichl, 2017 hatten die Lead Awards pausiert, im vergangenen Jahr gab es dann eine "Repositionierung". Was heißt das?

Markus Peichl: Wir hatten das Gefühl, dass wir mit unserer Ausrichtung auf die visuelle Konzeption, auf Design und Gestaltung drohten anachronistisch zu werden. Die Welt hat sich ja ziemlich dramatisch verändert. Die Medien sehen sich mit dem Aufkommen von Rechtspopulismus großen Angriffen ausgesetzt. Deswegen wollten wir bei den Lead Awards zwei Dinge in den Vordergrund rücken: den Inhalt - und die Personen, die sich als Macher von Print- und Onlinemedien verdient machen. Sie stehen heute viel stärker im Spannungsfeld. Ihre Rolle wird infrage gestellt, wenn sie etwas für die Aufrechterhaltung einer offenen, aufklärerischen Publizistik tun. Diese Personen wollen wir würdigen. Und nicht, wie es in der Vergangenheit war: ein Cover als besonders originelles Cover.

Preisverleihungen an Journalisten werden zunehmen kritisch hinterfragt, seit die Fälschungen des preisgekrönten Spiegel-Reporters Claas Relotius Ende 2018 aufgeflogen sind. Bekommen Sie das als Veranstalter der Lead Awards zu spüren?

Nein, Gott sei Dank kann uns das nicht betreffen. Wir zeichnen ja keine Schreiber aus, keine Texte. Aber natürlich müssen sich die entsprechenden Preise kritisch damit auseinandersetzen. Bei der Preisverleihung am Montag performen die Schauspieler Daniel Sträßer, Mavie Hörbiger und Christoph Luser szenische Elemente. Da wird es auch ein Dramolett zum Fall Relotius geben.

Für die neuere Kategorie "Magazin Lifestyle" war dieses Jahr auch Sabine Nedelchev, Chefredakteurin der Elle, nominiert. Sie stand zuletzt heftig in der Kritik, weil sie ein Heft verantwortete, das Schwarz als Trend feierte - für Klamotten und für Hautfarben. In dieser Saison. Nedelchev ist nun von der Nominiertenliste verschwunden. Wie war sie da überhaupt gelandet?

Die Frage ist absolut berechtigt. Die Entscheidung der Nominierung ist gefallen, bevor diese umstrittene Ausgabe mit dem Titel "Back to Black" erschienen ist. Das Heft mit dieser Fehlleistung - für die sie sich in der Zwischenzeit entschuldigt hat - gab es da noch nicht. Aber die Diskussion ist zu Recht aufgekommen, und die Jury hat entschieden, dass Frau Nedelchev weder eine Auszeichnung noch eine Medaille bekommt.

Diese Novemberausgabe war der Grund?

Das war der Grund, ja. Eine Jury, die sich über solche Sachen keine Gedanken macht, wäre eine falsche Jury.

Wie kommen die Nominierungen überhaupt zustande?

Man kann bei uns nicht einreichen. Wir, also die Vorstandsmitglieder der Lead Academy, schauen uns über das gesamte Jahr hinweg an, was an Magazinen, Zeitungen und an Web-Inhalt erscheint. Die Gewinner des Vorjahres waren an diesem Screening beteiligt. Eine Vorauswahl wird dann der 25-köpfigen Jury aus Journalisten und Medienschaffenden vorgelegt, dann gibt es eine Diskussion und ein Benotungssystem. Am Ende werden in einer geheimen Abstimmung die Medaillen in Gold, Silber und Bronze vergeben.

Ein Grund dafür, dass der Preis 2017 ausfiel, war das fehlende Geld. Wie funktioniert die Finanzierung jetzt?

Wir haben durch die Unterstützung der Stadt Hamburg und durch den Sponsor Porsche Stabilität in die Finanzierung gebracht. Davor hatten wir ein Modell, bei dem Verlagshäuser Anzeigenraum zur Verfügung stellten, den wir verkaufen durften. Das hat von Jahr zu Jahr schlechter funktioniert.

Nominiert ist etwa auch die Super Illu. Worin liegt die aufklärerische Publizistik in der "Popular" genannten Kategorie?

Ein großes gesellschaftliches Problem ist, dass wir uns nur noch in geschlossenen Zirkeln aufhalten. Von dieser Abschottung sollten wir uns auch im Medienbereich verabschieden. Natürlich zeichnen wir keine Blattmacherinnen und Blattmacher aus, die fragwürdige Klatsch-Tratsch-Geschichten erfinden. Aber wenn man eine gewisse Überheblichkeit ablegt, entdeckt man tolle Leistungen in diesem Bereich. Etwa Sabine Ingwersen mit Heften wie Tina, Bella und Laura. In den Geschichten, den Überschriften, steckt Engagement für Gleichberechtigung drin, für eine neue Rolle von Frauen in der Gesellschaft. Es geht um ökologisches Engagement, um Armutsbekämpfung. Mit einer einfacheren Sprache, nicht intellektuell. Aber gerade deswegen kommt solchen Magazinen eine wichtige Brückenfunktion zu: Sie erreichen Milieus, die andere nicht erreichen.