Anwältin erklärt: Die wichtigsten Fragen und Antworten rund ums Weihnachtsgeld
by FOCUS OnlineBald ist es wieder soweit: viele Arbeitnehmer erhalten zum Jahresende ihr Weihnachtsgeld. Doch was geschieht, wenn der Arbeitgeber in diesem Jahr kein Weihnachtsgeld zahlt oder nur bestimmte Arbeitnehmer ein Weihnachtsgeld erhalten? Oder wenn das Weihnachtsgeld im neuen Jahr zurückgefordert wird?
Wer bekommt Weihnachtsgeld?
Weihnachtsgeld erhalten Sie, wenn dies arbeitsvertraglich, tarifvertraglich oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld kann darüber hinaus durch die sog. betriebliche Übung entstehen. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber über mindestens drei aufeinanderfolgende Jahre Weihnachtsgeld gezahlt hat, ohne schriftlich klarzustellen, dass die Zahlung freiwillig erfolgt und keinen Rechtsanspruch für Folgejahre begründet.
Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt des Arbeitgebers ergibt sich kein Rechtsanspruch auf zukünftige Zahlungen. Der Arbeitgeber bleibt in seiner Entscheidung frei, ob er im betreffenden Jahr ein Weihnachtsgeld zahlen möchte oder nicht.
Zur Person
Claudia Auinger ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie ist für die Kanzlei PKF Sozietät Dr. Fischer in Nürnberg (www.pkf-nuernberg.de) tätig und spezialisiert auf Unternehmensnachfolge und Erbschaftsteuerrecht. Zudem berät sie Unternehmen und Einzelpersonen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts, des Erbrechts und des Gesellschaftsrechts.
Darf der Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer von der Zahlung ausnehmen?
Möchte der Arbeitgeber Weihnachtsgeld nur an bestimmte Arbeitnehmer zahlen oder die Höhe des Weihnachtsgeldes (ausgehend vom jeweiligen Bruttolohn) prozentual unterschiedlich bemessen, braucht er einen sachlichen Grund für diese Differenzierung. Eine willkürliche Festsetzung in unterschiedlicher Höhe würde gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Denkbare Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern sind beispielsweise die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die fachliche oder berufliche Qualifikation, unterschiedliche Aufgabenbereiche, gesteigerte Anforderungen an die Arbeitsleistung, etc.
Erhalten auch Teilzeitkräfte und Minijobber Weihnachtsgeld?
Grundsätzlich gilt: Teilzeitkräfte (einschließlich Minijobber) dürfen nur aufgrund ihrer geringeren Stundenzahl nicht anders behandelt werden als Vollzeitbeschäftigte. Zahlt der Arbeitgeber Weihnachtsgeld an Vollzeitbeschäftigte, haben Teilzeitbeschäftigte anteilig Anspruch auf Weihnachtsgeld.
Gibt es Weihnachtsgeld trotz vorzeitiger Kündigung?
Ob einem Arbeitnehmer trotz Kündigung und vorzeitigem Ausscheiden ein Weihnachtsgeld zusteht, ist abhängig davon, was der Arbeitgeber mit dem Weihnachtsgeld bezweckt. Will der Arbeitgeber die im Verlauf des Jahres erbrachte Arbeitsleistung mit dem Weihnachtsgeld zusätzlich vergüten, dann steht dem vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmer auch anteiliges Weihnachtsgeld zu. Soll eine Zahlung dagegen allein die Betriebstreue honorieren, scheidet eine zeitanteilige Zahlung aus, wenn der Arbeitnehmer vorzeitig kündigt bzw. ausscheidet.
Oft lässt sich jedoch die Absicht des Arbeitgebers bezüglich des Weihnachtsgeldes nicht klar den o.g. beiden Zwecken zuordnen. In den meisten Fällen wird das Weihnachtsgeld "Mischcharakter" haben, da es sowohl die erbrachte Arbeitsleistung entlohnen als auch die Betriebstreue des Arbeitnehmers honorieren soll. In diesem Fall darf die Zahlung nicht von einem ungekündigten Arbeitsverhältnis an einem bestimmten Stichtag des laufenden Kalenderjahres abhängig gemacht werden, so dass in der Regel ein Anspruch des Arbeitnehmers auf anteiliges Weihnachtsgeld besteht.
Kann ausgezahltes Weihnachtsgeld bei nachträglichem Ausscheiden zurückgefordert werden?
Unter bestimmten Umständen muss der Arbeitnehmer das erhaltene Weihnachtsgeld zurückzahlen, wenn er im Folgejahr ausscheidet. Eine Rückzahlungsverpflichtung kann nur bestehen, wenn arbeitsvertraglich eine Rückzahlungsklausel vereinbart wurde und das Weihnachtsgeld dem Zweck der Betriebstreue dienen sollte. Die Rechtsprechung hat für die Zulässigkeit solcher Rückzahlungsklauseln konkrete Grundsätze aufgestellt:
Danach gilt:
Ein Weihnachtsgeld von 100 Euro oder weniger muss nie zurückgezahlt werden. Beträgt das Weihnachtsgeld mehr als 100 Euro, aber weniger als ein Bruttomonatsgehalt muss das Weihnachtsgeld nur dann zurückgezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer vor dem 31.03. des Folgejahres ausscheidet. Beträgt das Weihnachtsgeld ein Bruttomonatsgehalt oder mehr, ist das Weihnachtsgeld zurückzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer vor dem 30.06. des Folgejahres ausscheidet.
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