Kommentar: Warum die gekippte Malus-Regelung der Grosso-Allianz ein Sieg für die Pressevielfalt ist
by Gregory LipinskiMonatelang hatte der Arbeitskreis Mittelständischer Verlage (AMV) für die Beschwerde an das Kartellamt gefeilt, um die Mindestumsatz- oder Malusregelung der Grosso-Allianz zu kippen. Aus Angst, dass die Wettbewerbshüter ein Verfahren anzetteln, haben nun die Großverlage – darunter Burda, Bauer, Gruner + Jahr, Spiegel, Springer & Co. – klein beigegeben und wollen die Handelsverträge neu austarieren.
Das ist nicht nur ein Sieg für die mittelständischen Verlage, es ist vor allem ein Sieg für die Pressevielfalt in der deutschen Printlandschaft. Denn wäre die mächtige Grosso-Allianz mit der Malus-Regelung durchgekommen, hätte dies massive Folgen für kleine und mittelständische Printhäuser gehabt. Sie müssten um ihr Überleben bangen, da sie für ihr meist kleinauflagiges Magazinportfolio eine deutlich höhere Vertriebsmarge zahlen. Die Folge: Diverse Zeitschriften stünden vor dem Aus, da sie sich wirtschaftlich nicht lohnen.
Doch das nur ein Problem. Künftig hätten sich kleinere Printhäuser zweimal überlegt, ob sie noch Magazin-Entwicklungen an den Markt bringen. Abgeschreckt vor höheren Vertriebskosten wären viele Produktideen in den Schubladen verstaubt. Doch diese braucht die Branche, um ihre Zukunft zu sichern. Ein weiterer Aspekt: Das jetzige Einlenken der Verlagsallianz mit dem AMV kommt auch den Großverlagen selbst zugute. Sie haben dadurch die Chance, gedruckten Newcomern mehr Zeit zu verschaffen, sich am Lesermarkt zu entfalten. Das hilft ihnen, um einen Gegenpol zu vielen Magazin-Dinos aufzubauen, die ihr Verfallsdatum längst überschritten haben.
Dennoch ist die Allianz von Burda, Bauer & Co. jetzt gefordert, mit dem Grosso eine vernünftige Lösung für alle Marktbeteiligten zu finden. Es kann nicht sein, dass das Bündnis die Gelegenheit nutzt, um hierdurch verlagsunabhängige Logistikbetriebe aus dem Markt zu kicken und deren Betriebe zu übernehmen. Dies erhöht die Gefahr, dass alle Grossobetriebe langfristig in die Hände der Verlagsriesen fallen. Ob diese dann wirklich bereit sind, kleinauflagige Titel ihrer mittelständischen Konkurrenz mitzunehmen, darf bezweifelt werden. Dies wäre aber nicht im Sinne des Grossosystems, das Printprodukte neutral und diskriminierungsfrei vertreiben soll.