Hauptstadtflughafen
Eröffnungstermin Berliner Flughafen BER steht: Ob es diesmal klappt?
by Peter NeumannDie Zeit der Pannen und Umbauten soll vorbei sein: Die Betreibergesellschaft legt sich auf den 31. Oktober 2020 als Startdatum fest.
Über dem Tegeler Verwaltungsgebäude der Berliner Flughafengesellschaft FBB stieg kein weißer Rauch auf. Doch es hätte dazu gepasst. Denn am Freitagmittag gab Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup dem FBB-Aufsichtsrat bekannt, wann der Pannenflughafen BER den Betrieb aufnehmen soll. Seine Wahl fiel auf den 31. Oktober 2020. Wenige Tage später soll dann der Flughafen Tegel geschlossen werden.
Bleibt die Frage: Wie gewiss ist es dieses Mal, dass der Termin gehalten wird? Es wäre nicht das erste Mal, dass es bei einem leeren Versprechen bleibt. Anfangs sollte der BER 2007 ans Netz gehen, dann 2011, 2012, 2013, 2014. Auch von 2018 war die Rede. „Wir wollen, dass der Flughafen fliegt“, rief der damalige Flughafenchef Hartmut Mehdorn, als er einen mehrmonatigen Zeitkorridor für eine Eröffnung Ende 2017 ankündigte. „Die Baustelle ist im Griff.“
Flughafen BER: Was sich geändert hat
Aber das stimmte auch bei ihm nicht. Vor allem dies ist jetzt anders: Während alle bisherigen Inbetriebnahmetermine auf unsicherem Grund verkündet wurden, steht Engelbert Lütke Daldrup auf einer verhältnismäßig stabilen Basis. Als er kurz vor Weihnachten 2017 mitteilte, dass er den neuen Schönefelder Flughafen im Herbst 2020 eröffnen wolle, hatte er den letzten Nachtrag zur Baugenehmigung seit fast zwölf Monaten in den Händen. Er und seine Planer konnten also erstmals genau abschätzen, was nach Auffassung der Behörden noch zu tun war.
Sie sind in einer anderen Lage als alle Vorgänger Lütke Daldrups, die im Blindflug agierten – und scheitern mussten. Das hatte auch damit zu tun, dass über Jahre hinweg unklar blieb, woran das Pannenprojekt im Detail krankte. Denn Mehdorn hatte die Mängelbestandsaufnahme des damaligen Technikchefs Horst Amann stoppen lassen.
Flughafen BER: Gefürchtete Prüfung erfolgreich absolviert
Lütke Daldrup kann sich auch aus anderen Gründen relativ sicher fühlen. Während unter seinen Vorgängern an der Technik im Terminal noch laboriert, gedoktert, gearbeitet wurde, sind die Anlagen inzwischen fertiggestellt worden. Mehr noch: Die gefürchtete Wirk-Prinzip-Prüfung, bei der TÜV-Fachleute das Zusammenspiel der Brandschutz- und Sicherheitstechnik testen, wurde in diesem Sommer erfolgreich absolviert, von zwei Teilbereichen einmal abgesehen. Verglichen mit den bisherigen Etappen des inzwischen sieben Milliarden Euro teuren Projekts BER war die Inbetriebnahme noch nie so nahe wie diesen Tagen.
Allerdings, es bleibt dabei: Auch wenn das Ausmaß der Unwägbarkeiten in absoluten Zahlen stark gesunken ist – hundertprozentig sicher ist auch der neue Termin natürlich nicht. „So lange aber das Brandschutzproblem mit falschen Dübeln und Kabeln nicht gelöst ist, bleibt jede angekündigte Eröffnung Spekulation“, sagte Christian Gräff (CDU). In der Tat gibt es weiterhin Mängel, die abzuarbeiten sind – insbesondere an den Kabeltrassen, die seit Jahren eine Problemzone bilden.
Berliner Flughafen BER: Politiker im Nacken der Planer
Deren Ursprung geht auf die Jahre 2010 bis 2012 zurück, als Planer und Bauleute versuchten, einen hastigen Endspurt hinzulegen. Politiker wie der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Manager wie Flughafenchef Rainer Schwarz, unempfänglich für jede Art von Problemdiskussion, saßen ihnen im Nacken. In den zunehmend verzweifelten und unkoordinierten Bemühungen, die damals für den 3. Juni 2012 versprochene Eröffnung hinzukriegen, wurde auch bei den mehrere Dutzend Kilometer langen Kabeln gemurkst und geschlampt.
Die 2009 getroffene Entscheidung, zur Erzielung weiterer Mieterträge nachträglich einen „Marktplatz“ ins Terminal einzupassen, verschlimmerte das Problem. Kabelkanäle fielen zu klein aus und wurden mit zu vielen Leitungen beschwert. Kabel lagen nebeneinander, die nicht nebeneinander liegen dürfen.
Brandschutz immer noch ein offenes Thema beim Flughafen BER
Das Wirrwarr zu lösen, wird noch bis zum Beginn des Frühjahrs 2020 dauern, hieß es. Zwar hat die Flughafengesellschaft den Behörden des Landkreises Dahme-Spreewald am 11. November bereits einen großen Teil der Unterlagen übergeben, die für die Baufertigstellungsanzeige erforderlich sind. Doch der Rest kann erst in einigen Wochen folgen.
In dieser Zeit sollen auch die beiden letzten Wirk-Prinzip-Prüfungen im BER absolviert werden. Ein Bereich sind die Rauchschürzen, die wie Vorhänge bei Bränden die Ausbreitung von Qualm eindämmen sollen. Sie mussten nachträglich mit anderen Motoren versehen werden. Der zweite Bereich ist die Schnittstelle zum Bahnhof unter dem Terminal. Die Planer fanden heraus, dass sich die Brandschutzanlagen der Deutschen Bahn und der FBB nicht verständigen konnten. Das wurde inzwischen behoben – muss aber nun noch überprüft werden.
Flughafen BER: Die letzte große Zitterpartie beginnt im April 2020
Die letzte größere Zitterpartie wird dann den Planungen zufolge im April 2020 beginnen. Dann wird getestet, ob die Abläufe funktionieren. Bei dieser monatelangen Generalprobe treten 20 000 Statisten, die der Flughafen von der zweiten Januarhälfte an suchen will, mit fast ebenso vielen Koffern auf den Plan.
Sie werden Fluggäste spielen, die den BER benutzen. Klappt die Abfertigung? Kommen die Passagiere zügig zu den Gates? Gelangt das Gepäck schnell genug dorthin, wo es hin soll? Das alles muss sich noch erweisen. Auch wenn das Projekt große Fortschritte gemacht hat – am Flughafen BER bleibt es spannend.