"Immer, wenn es Weihnacht wird …"

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So singen wir im Weihnachtslied. Immer, wenn das Jahr zur Neige geht, befällt uns eine gar merkwürdige Unruhe. Trotz übergroßer Weihnachtsattrappen - jedes Jahr immer früher - in den Straßen und Kaufhäusern, mit Lichtergirlanden zuhauf und Weihnachtsmusikdauerberieselung, die die Kauflust steigern sollen, wird uns dann zumeist oder vielleicht noch rechtzeitig inne, dass da vor mehr als 2000 Jahren in einem ärmlichen Futtertrog ein Nachfahre aus dem Hause König Davids zur Welt kam.

Nennt man seinen Namen - Jesus -, schrumpft das Vorstellungsvermögen auf ein kosmetisch behandeltes, barock gestyltes Krippenkindlein, das in eine ums goldene Kalb tanzende Welt lächelt. Der Geburtstag von Jesus - Gott sei gedankt, dass das noch so ist - erhält in den ersten Stunden seines Lebens eine derartige Aufmerksamkeit wie in den folgenden 33 Jahren seines Erdendaseins nicht mehr; dann, wenn er "öffentlich" wird und die Bergpredigt verkündet.

Noch hat er nicht so unangenehme Dinge ausgesprochen, dass es himmelschreiendes Unrecht ist, wenn sich wenige den Hals vollstopfen auf Kosten der vielen Gutgläubigen. Noch hat er uns nicht in der Bergpredigt
das "Vater unser" gelehrt (nicht das "Profit unser"). Noch ist er nicht ans Kreuz geschlagen worden, obgleich er die Liebe predigte.

"Das Kreuz kann man heutzutage ohnehin niemandem mehr zumuten", schallt es allenthalben durchs Land. Da frage ich mich nur, welche Zeichen man an dessen Stelle dafür in Kauf nehmen wird. Da haben wir wohl nichts dazugelernt. So betrachtet hat Jesus für viele - wenn überhaupt noch - nur ein paar Stunden in einem Stall gelebt.

Trotz allem Licht, wir bleiben blind, damit uns nichts den Appetit verdirbt.

Gerd Lehmert, 5020 Salzburg