Österreichs Sozis implodieren

Strache lässt die FPÖ einfach nicht los

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Servus und herzlich willkommen zur neuen Ausgabe von "Jetzt ist schon wieder was passiert", dem Österreich-Newsletter bei n-tv.de!

Wenn es dumm läuft, ist dieser Newsletter schon veraltet, wenn Sie ihn lesen. Quasi stündlich ploppen neue Gerüchte auf über den Rücktritt oder die Ablösung von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Die Genossen liefern sich seit Monaten eine interne Schlammschlacht, die man mit der Überschrift "Das hinterletzte Gefecht" versehen könnte.

Alles Wichtige zur Krise der österreichischen Sozialdemokraten lesen Sie in dieser Ausgabe von "Jetzt ist schon wieder was passiert". Außerdem beschäftigen wir uns mit dem politischen Poltergeist Heinz-Christian Strache, der die FPÖ nicht zur Ruhe kommen lässt - und liefern eine kurze Nachlese zum Wiener "Tatort".

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Einen Bahöl machen: Für Aufregung sorgen

Die Nachwehen der ÖVP/FPÖ-Koalition beschäftigen das politische Wien noch immer, aber ein Kapitel ist abgeschlossen: Die Reiterstaffel von Ex-Innenminister Herbert Kickl wird aufgelöst. Das Leib-und-Magenprojekt des FPÖ-Mannes hat laut "Kurier" 2,5 Millionen Euro gekostet und nichts gebracht außer Hohn und Spott für Kickl. Die 12 Pferde gehen in Rente, der Gnadenhof Aiderbichl will sie übernehmen.

Einen politischen Gnadenhof wünschen sich weite Teile der FPÖ wohl auch für ihren Ex-Chef Heinz-Christian Strache. "Er ist kein Jörg Haider", sagte der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger jüngst. Was er meinte: Strache solle nicht denken, er verfüge über die ewige Strahlkraft seines Vorgängers. Strache scheint anderer Meinung. Im Oktober hatte er seinen Rückzug aus der Politik verkündet, aber wie ein politischer Poltergeist lässt er die FPÖ nicht zur Ruhe kommen.

Am Wochenende redete er als "betroffener Bürger" auf einer Demo gegen das Rauchverbot in der Gastronomie. In der Nacht auf Sonntag postete er auf Facebook: "Ich biete der FPÖ die Aufhebung meiner Suspendierung und Rückkehr als Wiener Parteichef an". Die Basis solle darüber abstimmen, wer die Partei in die Wiener Wahlen 2020 führen darf.

Außerhalb Wiens hat Strache aber keinerlei Rückhalt mehr - vor allem nicht, seit neue Details über sein Spesenkonto aufgetaucht sind. Demnach soll Strache sich sogar die Reparatur seines Whirlpools, Nachhilfestunden für sein Kind und den Einkauf in einem Gucci-Shop von der Partei bezahlen lassen haben. Strache bestreitet das.

Wie lange er noch in der FPÖ herumgeistert, ist unklar: Am Mittwoch vertagte das Schiedsgericht der Wiener Landespartei die Verhandlung über seinen Ausschluss. Zum Ärger der Kollegen in den Bundesländern. Der Niederösterreicher Gottfried Waldhäusl sagte sogar, wenn die Wiener weiter zögern, müsse eben der ganze Landesverband rausgeschmissen werden. Der Poltergeist Strache, er könnte zum Spaltpilz werden.

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"Ich habe einen Rucksack voller Steine übernommen."
Pamela Rendi-Wagner, seit November 2018 Parteichefin der SPÖ

Schon wieder eine krachende Niederlage: Am Sonntag hat die Steiermark gewählt und die SPÖ kam nur auf 22,9 Prozent, ein Minus von 6,4 Prozentpunkten. Nur die FPÖ verlor noch mehr und stürzte um 8,8 Punkte auf 17,9 Prozent ab, die Grünen (11,4 Prozent) und vor allem die ÖVP (36,6 Prozent) waren die großen Gewinner. SPÖ-Landeschef Michael Schickhofer trat umgehend zurück und sofort kochte die Diskussion hoch: Sollte Pamela Rendi-Wagner es ihm nicht gleichtun?

"Pam", wie die Genossen sie nennen, hat die SPÖ Ende 2018 übernommen, damals war sie noch keine zwei Jahre Parteimitglied. Ohne Machtbasis kämpfte sie gegen Landesfürsten wie Hans-Peter Doskozil aus dem Burgenland, dessen intrigante Interviews Friedrich Merz aussehen lassen wie die Schweizergarde von Annegret Kramp-Karrenbauer. Aber sie machte auch Fehler: Sie installierte unbeliebte Parteimanager und teure Berater und verantwortete als Kanzlerkandidatin im September 2019 mit 21,2 Prozent das historisch schlechteste SPÖ-Ergebnis bei einer Parlamentswahl.

Als wäre die Stimmung nicht schlecht genug, verordnete Rendi-Wagner der hoch verschuldeten Partei Anfang der Woche einen Sparkurs. Ein Viertel der 102 Mitarbeiter muss gehen. Die Schuld lud Rendi-Wagner bei ihrem Vorgänger Christian Kern ab: Sie habe das Gefühl gehabt, mit einem "Rucksack voller Steine" bergauf gehen zu müssen. Menschlich gingen ihr die Kündigungen nahe, sagte Rendi-Wagner. Dumm nur, dass gestern herauskam, dass die 27 Mitarbeiter nicht persönlich, sondern per Mail informiert wurden. Der Betriebsrat war not amused und warf Rendi-Wagner einen zu kostspieligen Wahlkampf vor.

Am Donnerstag machten sogar Putsch-Gerüchte die Runde, angeblich hätten einige Landeschefs Rendi-Wagner ein Ultimatum gestellt. Der Fraktions-Vize Andreas Kollross twitterte: "Manchmal muss man zur Kenntnis nehmen, dass es nicht mehr geht. Aus. Schluss." Das Problem für die SPÖ: Keiner will es machen, deswegen bleibt Rendi-Wagner zumindest bis zur Wahl im Burgenland im Januar 2020 im Amt. Eine Gnadenfrist - oder verlängerte Folter?

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++ Die Signa Holding des Tiroler Immobilieninvestors René Benko erwirbt 106 der 126 deutschen Reisebüros von Thomas Cook. Benko ist schon mit "Karstadt Reisen" im Tourismus-Geschäft. ++ Freud und Leid im Zoo Schönbrunn: Die Eisbären Nora und Ranzo haben zum ersten Mal Nachwuchs bekommen, von den Zwillingen überlebte allerdings nur eines, das Geschlecht ist noch unbekannt. ++ Red Bull Salzburg hat am Mittwoch in der Champions League mit 4:1 in Genk gewonnen. Am 10. Dezember empfängt RB Titelverteidiger Liverpool zum Showdown ums Achtelfinale, mit einem Sieg kommt Österreichs Meister weiter. ++ Österreich lacht über einen Telefonmitschnitt: Ein steirischer Vizepolizeichef wählte den Notruf und rastete aus, weil der Kollege ihn nicht erkannte. Der hohe Beamte drohte seinem Untergebenen, ihm "die Wadln viere zu richten". Das Resultat: Strafversetzung für den Vize. ++ Die Koalitionsverhandlungen zwischen Grünen und ÖVP werden sich wohl bis 2020 hinziehen: Der Grüne Rudi Anschober sagte, eine schnelle Einigung wäre "ein Weihnachtswunder", die Parteien lägen teils "beachtlich weit auseinander". ++

Und, wie hat Ihnen der Wiener "Tatort" am Sonntag gefallen? Kollege Vetten verlieh 7 von 10 Punkten, die "Zeit" verspürte einen Hauch Bergdoktor, die "Taz" urteilte: "Auf die Wiener ist Verlass". In Österreich kam "Baum fällt" auf über eine Million Zuschauer und einen beachtlichen Marktanteil von 32 Prozent, Platz 7 aller "Tatort"-Folgen seit 1995. In Deutschland verfolgten im Schnitt 9,9 Millionen Menschen die Folge aus dem Mölltal in Kärnten (28 Prozent). Gedreht wurde vor allem in Heiligenblut, dort sollte Mitte November eine Extra-Vorführung stattfinden - doch der heftige Schneefall in Kärnten ließ das nicht zu. Egal, wie das Wetter bei Ihnen ist: Sie können "Baum fällt" noch bis Weihnachten ganz gemütlich in der ARD-Mediathek nachschauen. Wenn Sie diesen Newsletter bequem jeden Freitag per Mail erhalten wollen, tragen Sie sich bitte einfach hier in den Verteiler ein.

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Servus und Baba, bis nächsten Freitag

Ihr Christian Bartlau