Die Wahrheit im Netz in Gefahr? – Tag zwei beim Mediengipfel in Lech am Arlberg
Hochkarätig besetzt startete der 2. Tag des 13. Mediengipfels in Lech am Arlberg - Nicht nur Social Media als fünfte Macht im Staat war Thema, sondern auch die Pressefreiheit
by OTS0182Lech am Arlberg (OTS) - Philipp Jessen, CEO des Startups Storymachine, startete mit einem Vortrag unter dem Titel „Social Media als fünfte Macht im Staat“ und machte klar, dass klassische Medien durch soziale Netzwerke abgelöst werden. „Jeder kann ein Sender und Publisher sein,“ sagte Jessen. Journalisten hätten ihr publizistisches Monopol verloren und seien keine „Gatekepper“ oder „Agenda Setter“ mehr. Trotz dieses Paradigmenwechsels, in einer Welt, wo sich jeder selbst inszenieren könne, brauche es den Qualitätsjournalismus mehr denn je. Denn die meisten Inhalte und Diskussionen entstehen zuerst in den sozialen Netzwerken und werden dann in andere Kanäle übertragen. „Die Rolle der Journalisten ist noch wichtiger geworden in diesem Dschungel“, führte Jessen weiter aus.
Um die Schlagwörter Wahrheitsfindung und Desinformation ging es auch in der ersten großen Diskussion des Tages. „Ist die Pressefreiheit bedroht?“, fragte Daniela Kraus, Generalsekretärin des Presseclub Concordia, ihre Gäste. Mit dabei am Medienforum waren Johannes Bruckenberger, Chefredakteur der APA, Martón Gergely, Journalist bei HVG in Budapest, Fact-Checkerin Karolin Schwarz und Nana Siebert, stellvertretende Chefredakteurin von DER STANDARD.
Martón Gergely verdeutlichte, dass Presse- und Meinungsfreiheit in Ungarn in Gefahr sind. „Wie oft bin ich aufgewacht und habe mich gefragt, wie konnte es so weit kommen?“, erklärte Gergely und führt aus, dass zahlreiche Tageszeitungen in kurzer Zeit geschlossen wurden. Den Medien wurde vonseiten der ungarischen Regierung vorgeworfen, nicht über die Nöte der einfachen Bevölkerung zu sprechen. „Die Regierung macht das aber auch nicht“, konstatierte Gergely.
In Österreich hätten wir dagegen ein hohes Maß an Pressefreiheit, ist Johannes Bruckenberger von der APA überzeugt und sagte, dass die Medien immer noch verbündete der Demokratie seien. Er erklärte aber auch, dass die politische Mitte immer mehr nach links und rechts ausfranse. „Es ist unsere Aufgabe im aufgehetzten Meinungsmarkt die Dinge zu verifizieren“, so Bruckenberger.
Angst, Wut und Hass sind laut Karolin Schwarz, Fact-Checkerin und Medientrainerin aus Deutschland, die Zutaten für Meinungsmache im Netz. Falschmeldungen zirkulierten im Netz und würden immer wieder reproduziert. „Wenn eine Sache grün geworden ist, dann das das Recyclen von Falschmeldungen“, erklärte Schwarz und monierte, dass es an digitaler Zivilcourage fehle.
Für Nana Siebert von der Tageszeitung DER STANDARD wäre es an der Zeit Medienkompetenz an Schulen zu lehren und Lehrer weiter zu bilden. Im Durschnitt sind die Lehrpersonen in Österreich 53 Jahre alt. „Sie wissen nur sehr wenig über neue Medien, Faktenchecks und Fake News“, so Siebert und rundet ihren Beitrag mit einer Forderung nach mehr Sensibilisierungsarbeit ab.
Den Abschluss des Vormittags bildete der Vortrag von John-Dylan Haynes, Hirnforscher an der Berliner Charité, zum Thema „Menschliche vs. Künstliche Intelligenz“. Dabei stellte er zwar klar, dass Menschen Computern in der Informationsverarbeitung zwar weit unterlegen sind, aber betonte auch, dass Menschen „General Problem Solvers“ und somit nicht durch Computer zu ersetzen seien. „Aber nur weil wir nicht ersetzbar sind, heißt das nicht, dass wir uns nicht anpassen müssen – die größte Leistung werden erbracht, wenn Teams aus Menschen und Algorithmen zusammenarbeiten. Wünschenswert ist eine Partnerschaft zwischen Mensch und Roboter“, so Haynes.
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