Berner Gericht verschiebt Urteil im Fall von «Zigeuner»-Plakat

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Der Hintergrund des Prozesses: Auf einem Feld bei Wileroltigen BE (hinten) hielten sich im Sommer 2017 bis zu 500 ausländische Fahrende auf. (Archivbild)
KEYSTONE/STR

Der vorsitzende Richter sagte nach dem letzten Wort der Beschuldigten kurz vor Mittag, das Gericht wolle sich genügend Zeit lassen für die Urteilsberatung. Zuvor hatte der Verteidiger der beiden Jungpolitiker die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und einen vollumfänglichen Freispruch verlangt.

Der Vertreter der bernischen Generalstaatsanwaltschaft beantragte die Bestätigung des Urteils. Im Januar dieses Jahres waren die beiden Co-Präsidenten zu bedingten Geldstrafen von je 30 Tagessätzen verurteilt worden.

Wegen Wahlplakat

Es geht um ein Wahlplakat, das die beiden Co-Präsidenten Nils Fiechter und Adrian Spahr im Februar 2018, kurz vor den bernischen Wahlen, veröffentlicht hatten. Dieses Plakat wurde laut ihrem Verteidiger nie aufgehängt, nur auf auf der Facebook-Seite der JSVP Kanton Bern veröffentlicht.

Auf dem Plakat war zu lesen: «Millionenkosten für Bau und Unterhalt, Schmutz, Fäkalien, Lärm, Diebstahl, etc. - Gegen den Willen der Gemeindebevölkerung - Wir sagen Nein zu Transitplätzen für ausländische Zigeuner! Wählen Sie JSVP-Kandidaten in den Grossen Rat!»

Die Zeichnung zu diesem Text zeigte einen Schweizer in Sennentracht, der sich vor einem Abfallhaufen einer Wohnwagensiedlung die Nase zuhält. In der Ferne verrichtet ein Wohnwagenbewohner im Freien gerade seine Notdurft.

Hintergrund für die Publikation war, dass im Sommer 2017 bis zu 500 ausländische Fahrende in Wileroltigen BE am Rand der Autobahn A1 Halt gemacht hatten. Dorfbewohner beobachteten, wie die Fahrenden die Umgebung verunreinigten und unter freiem Himmel Waschmaschinen in Gang setzten. Das sorgte für Unmut.

«Nicht differenziert»

Eine Einzelrichterin des Regionalgerichts Bern-Mittelland urteilte im Januar, Fiechter und Spar hätten eine klare Pauschalisierung vorgenommen und nicht differenziert. Der Beitrag und die Zeichnung suggeriere, dass ausländische Fahrende ganz allgemein schmutzige, überall hin kotende, lärmende und stehlende Menschen seien.

Ausserdem wolle die JSVP Kanton Bern Transitplätze für ausländische Fahrende gänzlich verhindern. Schon das stelle eine Diskriminierung dar, denn ausländische Fahrende hätten gemäss Juristen Anrecht auf Transitplätze in der Schweiz.

Am Freitag sagten die beiden Beschuldigten, sie seien keinesfalls gegen Ausländer und gegen bestimmte Gruppen. Sie wollten nicht, dass der Staat gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung Transitplätze einrichte.

Ihr Verteidiger Patrick Freudiger sagte, der Facebook-Post richte sich gegen konkrete Zustände, eben beispielsweise Fäkalien, nicht gegen eine Personengruppe. Wenn die erstinstanzliche Richterin sage, es gebe ein Anrecht auf Transitplätze, wisse er nicht, wie man als Politiker noch einen Wahlkampf gegen solche Plätze führen könne.

Der Berner Staatsanwalt Christof Scheurer bezeichnete das erstinstanzliche Urteil hingegen als differenziert. Die beiden Jungpolitiker hätten vor ihrem Facebook-Eintrag das Terrain zu wenig sondiert und seien auf dünnem Eis eingebrochen.

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