Arrogantes Verhalten: Von oben herab und drüber hinweg
Das Essen nicht edel genug, der Mitarbeiter technisch zu unbegabt, der Vorgesetzte zu hochnäsig für ein bisschen Augenkontakt. Ob Kollege oder Chef: arrogantes Verhalten nervt. Die Kolumne „Nine to five“.
by Ursula KalsManche Szenen lassen tief blicken. Schauplatz 1: In der Kantine im Regierungsbezirk, die eher einem gehobenen Casino gleicht, wird Tag für Tag Fürstliches aufgetischt. Das reicht einigen der verwöhnten Gaumen nicht. „Heute nur eine Sorte Pasta? Ist das Ihr Ernst?!“ Die arme Frau hinter der Theke, die butterzarte Tagliatelle auf dem vorgewärmten Teller arrangiert, versteht die Welt nicht mehr. In New York, Rio, Tokio und auch auf der soundsovielten Station seiner internationalen Karriere sei die Kulinarik erlesener gewesen, belehrt der Gast die Beiköchin. Die anderen blicken peinlich berührt weg.
Schauplatz 2: Schulungsraum. Ein 55 Jahre alter Vertriebsprofi wird von einem 25 Jahre alten ITler in die neue Software eingewiesen. Der junge Mann hält den älteren für einen unwissenden Dinosaurier aus der Computer-Vorzeit und behandelt ihn belehrend wie ein kleines Kind. Dass der scheinbar Ahnungslose schon vor 35 Jahren und damit vor der Geburt des „Lehrmeisters“ als IT-Pioneer am Commodore 64 programmiert hat, entzieht sich seiner Vorstellung.
Schauplatz 3: Donaudampfer. Der Chef begrüßt seine Mitarbeiter zur Weihnachtsfeier. Während er dem einen schnell die Hand schüttelt, ist sein Blick schon beim nächsten. Für einen Augenkontakt reicht es bei dem desinteressierten Sonnenköniggehabe nicht. Auch nicht einmal im Jahr. Der sollte sich mal die hochbetagte Queen zum Vorbild nehmen, ärgern sich die Abgemeierten.
Schauplatz 4: Planungskonferenz an einer Hochschule im Süden. Harsch unterbricht der Professor nach wenigen Minuten die Präsentation seines nervösen Assistenten: „Das führt zu nichts. Von Ihnen hätte ich mehr erwartet. Überarbeiten Sie Ihre Vorschläge. Morgen um 9 Uhr in meinem Büro!“
Und die Moral? Arrogantes Auftreten von oben herab gibt es überall. Ehrfürchtige schauen auf, Souveräne einfach darüber hinweg.
In der Kolumne „Nine to five“ schreiben wöchentlich wechselnde Autoren über die Kuriositäten des Arbeits- und Hochschulalltags.