Juncker tritt ab

«Europa ist die Liebe meines Lebens»

«Es ist kein Geheimnis, dass Europa die grosse Liebe meines Lebens ist und immer bleiben wird», schreibt Juncker in einer Kolumne für das Portal Politico. «Die vergangenen fünf Jahre waren kein Picknick. Es gab schwierige Momente, die mir im Gedächtnis geblieben sind, und es gab sehr schöne Erinnerungen an sehr besondere Momente.»

In den vergangenen Jahren habe ich mich oft wie Europas Familientherapeut gefühlt.Jean-Claude Juncker
Abtretender EU-Kommissionspräsident

Zu den schwierigen Zeiten zählt er die Griechenland-Krise 2015 sowie die EU-kritischen Referenden in den Niederlanden, in Dänemark, der Schweiz und schliesslich die britische Entscheidung zum EU-Austritt.

«In den vergangenen Jahren habe ich mich oft wie Europas Familientherapeut gefühlt, der versuchte, jeden glücklich und an Bord zu halten», so Juncker. Nun werde er früher ausscheiden als die Briten – was ihn nicht unglücklich mache, «denn es bricht mir das Herz zu sehen, wie ein Mitglied unsere Union verlässt».

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▶️ Jean-Claude Juncker geht: Von Brexit, Freundschaft und Einsamkeit
Aus Rundschau vom 20.11.2019.

Stolz auf «tough cookie»

Als Höhepunkte seiner Amtszeit strich er unter anderem das Pariser Klimaabkommen von 2015 und den 60. Geburtstag der EU in Rom 2017 heraus sowie die Abschaffung der Handy-Roaming-Gebühren 2017. Als besonderes Kompliment sieht er die Namen, die ihm US-Präsident Donald Trump verliehen habe: «Tough cookie» (in etwa: harter Hund) und «brutal killer».

Und auch vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der der Nato kürzlich den «Hirntod» bescheinigt hatte, verabschiedete sich Juncker mit einer Spitze: «Europa muss eine starke Säule der Nato bleiben, die weniger ‹hirntot› ist als in einem leichten Dämmerschlaf, aus dem sie leicht geweckt werden kann.»

Eindrücke von Jean-Claude Junckers Amtszeit

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Er wurde auch «Der Kuss des Anstosses» genannt: Jean-Claude Juncker drückte der damaligen Justizministerin Simonetta Sommaruga Anfang 2015 einen dicken Kuss auf die Wange – festgehalten von einem Pressefotografen.Keystone
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Der Luxemburger liess seinen Emotionen nicht nur bei Frauen freien Lauf: Ein «Busserl» gabs auch für den damaligen Aussenminister Österreichs, Sebastian Kurz, im Oktober 2017.Keystone
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Alternativ zum Wangenkuss praktizierte der langjährige EU-Kommissionspräsident zum Beispiel auch den gezielten Kuss auf Stirn. So traf es den rumänischen Präsidenten Traian Basescu 2017.Keystone
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Dass der griechische Premier Alexis Tsipras ohne Krawatte auftrat, wollte Juncker nicht durchgehen lassen – und hielt ihm die eigene Krawatte vor das Hemd.Keystone
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Den spanischen Finanzminister Luis de Guindos ging er in Zeiten der Eurokrise (2012) weniger freundlich an – oder wollte er ihm zeigen, dass dem Land das Wasser bis zum Hals stand? Damals war Juncker noch luxemburgischer Premierminister und zeigte sich zwar zurückhaltender, aber doch schon emotional.Keystone
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Dass er in jüngeren Jahren zurückhaltender war, zeigt auch dieses Bild mit dem ehemaligen Schweizer Finanzminister Kaspar Villiger, den er 1998 zu Gesprächen traf.Keystone
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Nun übernimmt Ursula von der Leyen das EU-Kommissionspräsidium von Jean-Claude Juncker.SRF