Iraks Ministerpräsident Abdel Mahdi kündigt wegen Protesten Rücktritt an
Iraks Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi hat angesichts der massiven Gewalt bei den Proteste in dem Land seinen Rücktritt angekündigt.
Iraks Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi hat angesichts der massiven Gewalt bei den Proteste in dem Land seinen Rücktritt angekündigt. Er werde das Parlament in einem Brief um seinen Rücktritt bitten, erklärte der 77-jährige Regierungschef am Freitag. Zuvor hatte der einflussreiche schiitische Geistliche Ali al-Sistani das Parlament zur Absetzung der Regierung aufgerufen. Unter den Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Bagdad brach Jubel aus.
Al-Sistani hatte kurz zuvor in seiner Freitagspredigt in der Pilgerstadt Kerbela gefordert, die Abgeordneten sollten "im Interesse des Irak handeln, um das Blut seiner Kinder zu bewahren und zu verhindern, dass er in Gewalt, Chaos und Zerstörung abgleitet". Der 89-jährige schiitische Großayatollah al-Sistani genießt großes Ansehen unter den Gläubigen im Irak und verfügt über erheblichen Einfluss auf die politischen Parteien des Landes.
Die Opposition aus den Anhängern von Ex-Regierungschef Haidar al-Abadi und des schiitischen Predigers Moktada al-Sadr erklärten sich bereit, der Regierung das Vertrauen zu entziehen. Auch der Fatah-Block, der der politische Arm der proiranischen Hasched-al-Schaabi-Milizen ist, schien dem Appell von al-Sistani zu folgen und erklärte seine Unterstützung für "die notwendigen Veränderungen im Interesse des Irak".
Von den Demonstranten wurde die Predigt al-Sistanis als starkes Zeichen der Unterstützung gewertet. Der Aktivist Ali al-Sunbuli in Nadschaf sagte, das Gebet sei anders als sonst gewesen. Zum einen habe al-Sistani mit dem traditionellen Gebet für die "Märtyrer" begonnen. Zum anderen habe er sich an das Parlament und nicht die Regierung gewandt. "Dies bedeutet, dass er ihre Legitimität nicht mehr anerkennt", sagte der Aktivist.
Der Irak erlebt seit Wochen die größte Protestbewegung seit dem Sturz von Machthaber Saddam Hussein im Jahr 2003. Bei den seit Oktober andauernden Protesten gegen Korruption, Klientelismus und Misswirtschaft wurden in Bagdad und dem schiitischen Süden des Landes bis Freitag mehr als 400 Menschen getötet und über 15.000 verletzt. Trotz der Gewalt ist es der Regierung nicht gelungen, wieder Herr der Lage zu werden.
In einer weiteren Eskalation der Gewalt hatten Demonstranten in der Nacht zu Donnerstag in der Pilgerstadt Nadschaf das Konsulat des Iran angezündet, der die Regierung in Bagdad unterstützt. Trotz einer Ausgangssperre dauerten die Proteste in Nadschaf bis in die Nacht an, und Sicherheitskräfte und Männer in Zivil erschossen 16 Menschen. Bei der Räumung von zwei besetzten Brücken in Nassirija töteten die Sicherheitskräfte zudem 28 Demonstranten. Zudem wurden zwei Demonstranten in Bagdad getötet.
Mit landesweit 46 Toten war Donnerstag der blutigste Tag seit Beginn der Proteste. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einem "Blutbad" in Nassirija. Augenzeugen sagten Amnesty, die Sicherheitskräfte hätten am frühen Morgen ohne Warnung das Feuer auf Demonstranten eröffnet, die eine Brücke blockierten - und hätten ohne Unterlass weiter gefeuert. "Ich sah sie auf Leute einprügeln, als wollten sie sie töten", sagte ein Mann.
Ministerpräsident Abdel Mahdi hatte zuvor mehrere Militärkommandeure in den Süden des Irak geschickt, um die "Ordnung wiederherzustellen". Nach der Gewalt in Nassirija wurde der zuständige General auf Druck des örtlichen Gouverneurs aber abgezogen. Auch am Freitag dauerte die Gewalt in der Stadt ein. Ein Mann wurde getötet, als Demonstranten Fahrzeuge der Sicherheitskräfte anzündete, wie Ärzte mitteilten.
Mehrere Polizisten im Südirak sagten, sie hätten nach der Erstürmung des iranischen Konsulats in Nadschaf die Anweisung erhalten, die Proteste endgültig niederzuschlagen. Nach der Eskalation in Nassirija hätten die Militärkommandeure aber ihren Kurs ändern müssen, sagten sie. Stammeskämpfer blockierten am Donnerstag eine Autobahn nach Nassirija, um die Verstärkung des Militärs zu verhindern. Am Freitag waren sie verschwunden.
AFP