Säureanschlag auf Innogy-Manager - Verdächtiger kommt frei
Innogy-Finanzvorstand Bernhard Günther wurde bei einem Säureanschlag vor eineinhalb Jahren schwer verletzt. Nun hat das Landgericht Wuppertal den Haftbefehl gegen einen Tatverdächtigen aufgehoben.
Nach dem Säureanschlag auf den Innogy-Vorstand Bernhard Günther vor gut anderthalb Jahren kommt ein Tatverdächtiger wieder auf freien Fuß. Das bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wuppertal. Günther sei am Mittag über den Beschluss des Landgerichts Wuppertal informiert worden, sagte der Sprecher des Managers.
Laut "Süddeutscher Zeitung" wurde der Haftbefehl gegen den 32-jährigen Verdächtigen aufgehoben, weil ihm kein dringender Tatverdacht nachgewiesen werden könne. Dabei hoben die Richter unter anderem auf die Identifizierung des Tatverdächtigen durch das Opfer ab. Dem Geschädigten seien zunächst von einer von ihm privat beauftragten Sicherheitsfirma Lichtbilder vorgelegt worden, die den Beschuldigten zeigten.
Eine Identifizierung auf diesem Wege sei aber unsicher, weil durch die Vorlage von Lichtbildern nur eines einzigen Menschen anerkanntermaßen eine suggestive Wirkung ausgelöst werde. Es bestehe die naheliegende Möglichkeit, dass die originäre Erinnerung des Opfers an den Täter durch das gezeigte Lichtbild quasi "überschrieben" worden sei.
"Unzureichender Identifizierungsversuch"
Daher wirke sich dieser "frühe und unzureichende Identifizierungsversuch" auch auf spätere ordnungsgemäße Identifzierungsmaßnahmen aus und lasse diese ebenfalls unzuverlässig werden, befand das Gericht. Die Polizei hatte dem Opfer zur Identifizierung des Täters die Lichtbilder mehrerer Menschen vorgelegt.
Ein anonymer Zeuge, der sich an einen Rechtsanwalt gewandt habe, sei nicht bereit, sich einer gerichtlichen Befragung zu stellen, hieß es. Seine Angaben seien somit nicht überprüfbar.
Die Staatsanwaltschaft hat sich noch nicht entschieden, ob sie gegen die Freilassung vorgeht: Man werde dies prüfen und gegebenenfalls Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen, sagte eine Sprecherin.
Der Innogy-Finanzchef war am 4. März 2018 nach dem Joggen in einer Parkanlage in der Nähe seines Wohnhauses in Haan bei Düsseldorf von Vermummten überfallen und mit hochkonzentrierter Säure übergossen worden. Der heute 52-Jährige wurde schwer verletzt. Er schwebte zeitweise in Lebensgefahr. Rund drei Wochen nach dem Angriff wurde Günther aus dem Krankenhaus entlassen.
"Ein ernüchterndes Signal"
Die E.on-Tochter Innogy hatte für Hinweise eine Belohnung von bis zu 80.000 Euro ausgesetzt. Günther war im März 2019 erstmals wieder öffentlich bei einer Bilanzpressekonferenz aufgetreten.
Im Oktober dieses Jahres nahmen Ermittler in Köln den Verdächtigen fest. Laut Staatsanwaltschaft bestreitet er die Tat. Es werde auch gegen weitere Verdächtige ermittelt.
Bevor das Gericht den Haftbefehl aufhob, hatte der Anwalt des Managers, Martin Meinberg, der "Süddeutschen Zeitung" gesagt, für Günther wäre eine Entlassung des Tatverdächtigen aus der Untersuchungshaft "ein ernüchterndes Signal". Er sei der Überzeugung gewesen, "dass sein Fall zumindest teilweise alsbald aufgeklärt werden würde". Nun reiche das Ermittlungsergebnis offenbar doch nicht aus, um den Haftbefehl aufrechtzuerhalten.
apr/wit/dpa/AFP