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© WWD Japan
Sexismus pur?

Japan: Kaufhaus führt "Perioden-Anstecker" für Mitarbeiterinnen ein – und erntet Shitstorm

Laden in Osaka: Mitarbeiterinnen sollen anzeigen, dass sie menstruieren – echt jetzt?

Shitstorm in Japan: Ein Kaufhaus in der Hafenstadt Osaka hat für seine Mitarbeiterinnen "Perioden-Anstecker" eingeführt. Seit Oktober können sich die Frauen dort ein solches Schild anstecken, um anzuzeigen, dass sie menstruieren – und bekommen dann umgekehrt längere Pausen. Das berichtet das Portal "WWD Japan". Das Kaufhaus beteuert, man habe es nur gut mit den eigenen Mitarbeiterinnen gemeint. Trotzdem – oder gerade deshalb – hat der Laden heftige Kritik geerntet: Die Perioden-Schildchen seien purer Sexismus, meinen viele.

Kaufhaus-Chef verteidigt die Aktion: Die Anstecker sollen mit Tabus aufräumen

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"Michi Make" führt hauptsächlich Produkte rund um Sexualität und Menstruation - darunter Merchandise mit dem Menstruations–Maskottchen "Seiri-chan".© Twitter, @porisu_pori

Das neu eröffnete Geschäft "Michi Kake", untergebracht in einem Groß-Kaufhaus in Osaka, bietet hauptsächlich Artikel rund um weibliche Sexualität und Menstruation an. Passend zum Konzept des Ladens will die Geschäftsleitung nun die Mitarbeiterinnen ermutigen, anderen zu signalisieren, dass sie gerade ihre Periode haben – mit einem Papier-Anstecker. Darauf: ein in Japan beliebtes Manga-Maskottchen namens "Seiri-chan", auf Deutsch in etwa: "das kleine Periödchen".

Wer den Anstecker sichtbar trage, solle rücksichtsvoll behandelt werden – so stellt es sich das Kaufhaus vor. Die menstruierenden Mitarbeiterinnen dürfen sich dann etwa längere Pausen gönnen und bekommen körperlich weniger anspruchsvolle Aufgaben zugeteilt. Die fragwürdige Aktion soll angeblich die Solidarität im Team stärken – und das gesellschaftliche Tabu rund um die weibliche Menstruation bekämpfen. Zumindest, wenn es nach Geschäftsführer Takahiro Imazu geht.

"In Japan wird tendenziell nicht über den weiblichen Zyklus oder weibliche Sexualität gesprochen", verteidigte er die Anstecker gegenüber WWD Japan. "Nicht alle Kundinnen werden positiv darauf reagieren, aber die Werte der Jugend ändern sich nun mal." Die Anstecker zu tragen, sei keine Pflicht – es sei alles freiwillig. So wolle man den Menschen die Scham nehmen, offen über Menstruation zu sprechen.

Nach heftiger Kritik: Kaufhaus will Perioden-Anstecker "überdenken"

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Die Idee: Wenn eine Mitarbeiterin ihre Tage hat, lässt sie andere Bescheid wissen (rechts). Ansonsten dreht sie das Schild einfach um (links). Kritiker finden: Sexismus pur!© WWD Japan

Auch wenn die Absichten gut gewesen sein mögen – auf viel Gegenliebe ist die Aktion nicht gestoßen. Einige Mitarbeiterinnen und Kundinnen hätten die Perioden-Anstecker zwar begrüßt, sagt das Unternehmen. Aber es habe auch Beschwerden gegeben. Überhaupt: Ein männlicher Chef, der seine Mitarbeiterinnen "ermutigt", sie sollten doch bitte anzeigen, dass sie gerade ihre Tage haben – viele wittern Sexismus. Und wer sagt eigentlich, dass Frauen grundsätzlich längere Pausen brauchen oder bei der Arbeit geschont werden müssten, wenn sie menstruieren?

Kritik kommt insbesondere aus dem Ausland, im Netz ziehen User über das Kaufhaus her. Ein diskriminierendes Etikett bekämpfen zu wollen, indem man den Betroffenen buchstäblich ein Etikett aufdrücke – das sei heuchlerisch. "Das Stigma rund um Perioden beenden, indem man menstruierenden Frauen nahelegt, der ganzen Welt mitzuteilen, dass sie bluten?", wettert eine Twitter-Nutzerin. "Klingt nach einer völlig vernünftigen und garantiert nicht stigmatisierenden Idee!"

Die Kaufhaus-Kette Daimaru hat angekündigt, ihre Mitarbeiterinnen auch weiterhin ermutigen zu wollen, ihre Menstruation anzukündigen. Allerdings nur intern unter Kolleginnen. Man werde "überdenken", ob solche Anstecker, die jeder Kunde sehen könne, der richtige Weg seien.

Perioden-Anstecker und High-Heel-Zwang: Sexismus im Job ist in Japan Alltag

Die Perioden-Anstecker sind zwar ein Einzelfall – aber dass in Japan Frauen am Arbeitsplatz diskriminiert werden, ist keine Neuheit. Erst in diesem Jahr sorgte der japanische Arbeitsminister für einen Eklat, als er behauptete: Es sei "notwendig und völlig angemessen", dass Frauen im Job High-Heels tragen müssten.

Tatsächlich sind hochhackige Schuhe vielerorts für Frauen Pflicht, viele müssen gegen ihren Willen zur Arbeit stöckeln. Doch insbesondere unter jungen Frauen regt sich Widerstand: Erst kürzlich hatten Tausende eine Petition gegen den High-Heels-Zwang am Arbeitsplatz unterschrieben.

Nicht nur in Japan, sondern weltweit ranken sich Mythen um angeblich negative Auswirkungen der Menstruation. Wir haben die skurrilsten Vorurteile für Sie zusammengefasst: Wussten Sie zum Beispiel, dass menstruierende Frauen auf Bali keine Tempel betreten dürfen, weil sie als unrein gelten?

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