Isolierte Familie in Holland : Zweiter Österreicher monatelang gequält

Medienberichten zufolge, die sich auf Zeugenaussagen aus den Behördenakten berufen, soll ein zweiter involvierter Mann aus Österreich (69) nicht nur monatelang festgehalten, sondern auch gequält worden sein.

https://media.kleinezeitung.at/images/uploads_520/1/9/1/5730705/37E48667-62AF-488D-AED9-C0E698D5AF5D_v0_l.jpg
Ruinerwold © APA/AFP/ANP/WILBERT BIJZITTER

Rund eineinhalb Monate nach der Entdeckung einer isoliert auf einem Bauernhof in den Niederlanden lebenden Familie kommen weitere erschreckende Details ans Licht. Medienberichten zufolge, die sich auf Zeugenaussagen aus den Behördenakten berufen, soll ein zweiter involvierter Mann aus Österreich (69) nicht nur monatelang festgehalten, sondern auch gequält worden sein.

Bereits bekannt war, dass ein gebürtiger Oberösterreicher (58) den abgelegenen Hof in der Ortschaft Ruinerwold täglich besucht und mit Nahrungsmitteln versorgt hatte. Er wurde wie der beschuldigte Familienvater, ein 67-jähriger Niederländer, festgenommen. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt die Männer nun auch, im Jahr 2009 mehrere Monate lang den 69-Jährigen festgehalten zu haben, wie am Donnerstag bekannt geworden war - ebenso wie der Vorwurf, der Vater habe zwei der drei ältesten Kinder, die zuletzt nicht mehr auf dem Bauernhof gelebt hatten, sexuell missbraucht.

Torturen

Die deutsche "Bild"-Zeitung sowie die niederländische Zeitung "De Telegraaf", die offenbar Einsicht in Ermittlungsakten und Zeugenaussagen bekommen hat, berichteten, der ältere Österreicher könnte ein "Hilfsarbeiter" seines Landsmanns gewesen sein. Der Mann soll durch den Familienvater Torturen unterzogen worden sein. So sei einer Zeugenaussage zu entnehmen, dass man ihn "an einem Seil befestigt von der Decke in der Tischlerei des Hofes hängen ließ", schrieb "Bild". Zuvor habe er "die Stimme gegen den 'Urvater' (den beschuldigten Familienvater, Anm.) erhoben". Durch die "Bestrafung", die "böse Geister" hätte vertreiben sollen, sei der Mann "verkrüppelt worden". Der Mann soll weiters "monatelang in einem Schuppen auf dem Hof eingesperrt worden sein", zu essen habe er nur Äpfel und Honig bekommen.

Geldwäsche, Freiheitsberaubung und Misshandlung

Laut offiziellen Behördenangaben laufen die Ermittlungen wegen Geldwäsche, Freiheitsberaubung und Misshandlung. Der Familienvater lebte demnach jahrelang völlig von der Außenwelt abgeschnitten mit sechs seiner neun Kinder auf dem Bauernhof, die Mutter war 2004 gestorben. Die Behörden wurden erst auf die Familie aufmerksam, als eines der inzwischen erwachsenen Kinder in verwahrlostem und verwirrtem Zustand in einem Gasthaus des Dorfes auftauchte. Der Vater sowie der gebürtige Oberösterreicher wurden festgenommen.

Der 67-jährige Familienvater war in den 1980er-Jahren Mitglied des niederländischen Zweigs der Moon-Sekte. "De Telegraaf" zufolge soll sich der Niederländer später als "Urvater" und seine Frau als "Urmutter" angesehen haben. Er sei überzeugt gewesen, er könne mit Geistern kommunizieren und sie in andere Körper transferieren. Seine Kinder soll er geschlagen, eingesperrt und auch durch Nahrungsentzug bestraft haben.

Dokumentarfilm geplant

Laut "Bild" haben die vier ältesten der neun Kinder - heute 18 bis 25 Jahre alt - angekündigt, dass sie mit einer niederländischen Dokumentarfilmerin zusammenarbeiten wollen, um ihre Geschichte zu verarbeiten. Die fünf jüngsten Kinder, die am 14. Oktober von der Polizei auf dem Hof gefunden worden waren, seien hingegen "nicht einverstanden mit der Anklage gegen unseren Vater", zitierte das Blatt. Sie hätten "eine andere Erfahrung" als die älteren Brüder und Schwestern.

Der Niederländer und der gebürtige Oberösterreicher müssen sich erstmals am 21. Jänner kommenden Jahres bei einer Vorbereitungssitzung vor Gericht verantworten. Der Oberösterreicher hatte den Hof angemietet. Dem 58-Jährigen wird offenbar Freiheitsberaubung vorgeworfen.

Mehr zum Thema

https://media.kleinezeitung.at/images/uploads_100/2/a/f/5714607/67690011451422036_BLD_Online.jpg