Raumfahrt
Grünes Licht für Asteroiden-Abwehr
by Tanja Banner, Pamela DörhöferDie Ministerratskonferenz bewilligt der europäischen Weltraumorganisation Esa ein Gesamtbudget von 14,4 Milliarden Euro. Deutschland wird größter Beitragszahler.
Wir (Menschen) wollen nicht wegen eines Meteoriten aussterben.“ Mit diesen drastischen Worten hatte Jan Wörner, Vorsitzender der Europäischen Weltraumorganisation Esa, zum Auftakt der zweitägigen Ministerratskonferenz „Space 19+“ in Sevilla vor Gefahren aus dem All gewarnt. So könnte ein Asteroid auf Kollisionskurs verheerende Schäden anrichten, würde er tatsächlich auf die Erde treffen. Wörners Rede war ein Appell, in ein Projekt zu investieren, das Möglichkeiten der Abwehr von sich nähernden Objekte erforschen soll. Bereits bei der letzten Esa-Ministerratskonferenz 2016 war der Schutz vor Asteroiden Thema gewesen, damals lehnte die Politik die Finanzierung jedoch ab.
„Hera“ ist Teil zur Asteroidenabwehr
Dieses Mal fand Wörner mit seiner eindringlichen Warnung offenbar Gehör: Bei der Pressekonferenz zum Abschluss von „Space 19*“ war dem Esa-Generaldirektor die Zufriedenheit gestern deutlich anzusehen: Die Minister der 22 Mitgliedsstaaten gaben grünes Licht für die europäische Raumsonde „Hera“ – und nicht nur das. Insgesamt bewilligten sie der Weltraumorganisation für ihre verschiedenen Programme ein Budget von 14,4 Milliarden Euro für die kommenden Jahre: „Sie sehen einen glücklichen Generaldirektor“, kommentierte Wörner das Ergebnis.
„Hera“ ist Teil eines neuen Konzepts zur Asteroidenabwehr, das gemeinsam mit der US-Raumfahrtbehörde Nasa realisiert werden soll. Als Testobjekt dient der erdnahe Doppel-Asteroid Didymos. Er verfügt über einen Durchmesser von etwa 800 Metern und wird in einem Abstand von 1,1 Kilometern von einem kleinen Mond umkreist, Didymoon. Dieser hat einen Durchmesser von etwa 170 Metern und wäre damit bereits in der Lage, eine Stadt auf der Erde zu zerstören. Der Plan sieht vor, dass die Nasa 2021 eine Raumsonde namens „Dart“ zu dem Doppel-Asteroiden schickt. Dort soll die Sonde 2022 ankommen und im Oktober auf dem Mond Didymoon einschlagen.
„Hera“-Sonde soll 2024 aufbrechen
Anschließend kommt „Hera“ ins Spiel: Die Sonde soll 2024 aufbrechen und im Dezember 2026 die beiden Asteroiden erreichen. „Hera“ soll unter anderem den Krater untersuchen, der bei dem Aufprall der „Dart“-Sonde auf dem kleinen Himmelskörper entstanden sein wird. Aber auch Details von Didymos und Didymoon soll „Hera“ unter die Lupe nehmen – und natürlich interessiert die Forscher vor allem auch, ob es gelungen ist, den Asteroiden etwas abzulenken. Aktuell sind 901 „erdnahe Objekte“ (NEOs) bekannt, die einen Durchmesser von mindestens einem Kilometer haben, ohne Größenbeschränkung handelt es sich um 21 538 Objekte, darunter der Asteroid „Apophis“, bei dem es kurzzeitig als wahrscheinlich galt, dass er 2029 die Erde trifft. „Neue NEOs werden jetzt mit einer Rate von ungefähr vier pro Tag entdeckt“, erklärt Patrick Michel, der an der Mission mitwirkt. „Wir brauchen eine koordinierte internationale Strategie zur Minderung des Aufpralls erdnaher Objekte.“
„Hera“-Mission kostet 60 Millionen Euro
Auch am neuen Mondprogramm „Artemis“ der Nasa beteiligt sich die Esa. Es beínhaltet eine Raumstation – den Lunar Gateway –, die um den Erdtrabanten kreisen soll ebenso wie bemannte Flüge zum Mond. Angepeilt für die erste Landung von Menschen auf dem Mond nach dann 52 Jahren ist das Jahr 2024. Die Esa steuert für die Raumkapsel Orion das Servicemodul bei, will aber auch Europäer auf den Mond schicken. Weitere Prioritäten setzt die Esa unter anderem bei der neuen Trägerrakete Ariane 6 und bei der Erdbeobachtung.
Deutschland beteiligt sich an den Programmen der Esa mit 3,3 Milliarden Euro, wobei die Schwerpunkte auf den Bereichen Erdbeobachtung, Telekommunikation, Technologieförderung und Kommerzialisierung/New Space liegen. So steuert die Bundesrepublik unter anderem 720 Millionen Euro zur Erdbeobachtung bei, die vor allem der Erforschung des Klimawandels und der frühen Warnung vor Naturkatastrophen dient. Die „Hera“-Mission lässt sich die Bundesrepublik 60 Millionen, die Mondpläne 55 Millionen kosten. Deutschland trägt damit 22,9 Prozent zum aktuellen Budget derEsa bei und wird stärkster Beitragszahler vor Frankreich mit 2,66 Milliarden (18,5 Prozent) und Italien mit 2,28 Milliarden (15,9 Prozent).