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dpa Ein Flugzeug der insolventen Berliner Fluggesellschaft Germania steht auf dem Vorfeld am Albrecht Dürer Airport

Thomas Cook, Germania, Beate Uhse: „Dramatischer Domino-Effekt“: Die traurige Insolvenz-Bilanz großer deutscher Firmen

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Namhafte und große Unternehmen sind in diesem Jahr verstärkt von Insolvenzen betroffen. Die Kreditversicherung Euler Hermes zählte in den ersten neun Monaten dieses Jahres 27 Insolvenzen von Firmen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz, gegenüber 19 Fällen im Vorjahreszeitraum. Das ist ein Anstieg um 42 Prozent.

Auch das vierte Quartal lasse mit der Insolvenz von Thomas Cook und dem Schutzschirmverfahren von Condor eine Fortsetzung des Trends erwarten. Zu den großen Insolvenzen zählten:

1. Thomas Cook

Die deutsche Thomas Cook war in den Sog der Pleite der britischen Mutter geraten und hatte am 25. September Insolvenzantrag gestellt. Der Veranstalter sagte alle bereits gebuchten Reisen ab, auch wenn sie ganz oder teilweise bezahlt worden waren.

Für den einst zweitgrößten Anbieter der Branche in Deutschland gibt es als Ganzes mangels Investoren keine Zukunft mehr. Für Teile der Gruppe gibt es jedoch Käufer, dadurch soll gut die Hälfte der einst etwa 2100 Jobs gesichert werden.

2. Condor

Nach der Thomas Cook-Pleite müssen auch die deutschen Töchter-Unternehmen in die Insolvenz. Die Fluglinie Condor macht im Schutzschirmverfahren weiter und bietet weiter Flüge und auch Buchungen an. Geplant ist, dass Condor bis Frühling 2020 das Schutzschirmverfahren abschließen und einen neuen Partner finden kann. Erste unverbindliche Angebote erwartet das Unternehmen laut Chef Ralf Teckentrup Anfang Dezember, danach lade man eine Auswahl zu Gesprächen. Details über potenzielle Investoren wollte der Condor-Chef nicht nennen.

3. Senvion

Der Hamburger Windanlagen-Hersteller Senvion stellte im April einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Durch den Verkauf von Teilen des Unternehmens an den deutsch-spanischen Konkurrenten Siemens Gamesa wurden rund 2000 Arbeitsplätze gesichert, was 60 Prozent der Stellen bedeutete. In Deutschland fallen fast 900 der noch verbliebenen rund 1400 Arbeitsplätze weg.

4. Eisenmann

Der Autozulieferer Eisenmann und mehrere Tochtergesellschaften meldeten Ende Juli Insolvenz an. Eisenmann hatte den Angaben zufolge 2018 einen hohen Verlust eingefahren. Als Gründe dafür wurden technische und wirtschaftliche Probleme wie Fehlkalkulationen oder Schwierigkeiten mit Lieferanten angeführt, die bei Großprojekten auftreten könnten.

5. Germania

Die Fluggesellschaft mit fast 1700 Mitarbeitern hatte Anfang Februar Insolvenz angemeldet und den Flugbetrieb eingestellt - fast eineinhalb Jahre nach der spektakulären Air-Berlin-Pleite. Am 1. April wurde der Geschäftsbetrieb von Germania eingestellt. Die Fluggesellschaft steuerte viele Reiseziele im Mittelmeerraum an. Jährlich beförderte die Airline nach eigenen Angaben mehr als vier Millionen Passagiere.

6. Gerry Weber

Gerry Weber steckt seit Jahren in der Krise. Der Konzern leidet nicht nur unter dem Rückgang der Kundenfrequenzen in den Innenstädten und dem Siegeszug des Onlinehandels. Auch eigene Fehler, vor allem hohe Investitionen in ein eigenes Ladennetz, machten dem Unternehmen schwer zu schaffen. Ende Januar musste der Konzern Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden.

Im Juli bekam das Unternehmen wieder eine Zukunftsperspektive, als die Finanzinvestoren Robus und Whitebox ihren Einstieg ankündigten. Sie wollen der Firma mit einer fast 50 Millionen Euro schweren Finanzspritze weiterhelfen. Für die Aktionäre hat der Insolvenzplan zur Folge, dass sie nach einem Kapitalschnitt ohne Entschädigung aus der Gesellschaft ausscheiden müssen. Wohl deshalb haben sie gegen den Insolvenzplan gestimmt.

7. Loewe

Der Fernsehhersteller Loewe im bayerischen Kronach ist insolvent. Die mehr als 400 Arbeitnehmer sind arbeitslos. Das deutsche Traditionsunternehmen war dem Preiskampf in der Branche nicht mehr gewachsen. Vergangenen Dienstag wurde von der Gläubigerausschuss-Sitzung noch keine Entscheidung über die Zukunft des Unternehmens erwartet.

Das sagte Insolvenzverwalter Rüdiger Weiß der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe weiterhin «mehr als zwei» Interessenten.Darunter seien Bewerber, die eine Gesamtlösung anstreben, die auch eine Fortführung des Produktionsstandortes Kronach vorsehe und Interessenten, die eher an der Marke Loewe interessiert sind. Diese liegt derzeit verpfändet in den Händen des britischen Finanzinvestors Riverrock. Er hoffe auf eine Lösung noch vor Weihnachten.

Nach Angaben aus dem Büro des CSU-Bundestagsabgeordneten Hans Michelbach gibt es seitens der Landesregierung grundsätzliche Bereitschaft, Gespräche über Landeshilfen für einen Investor zu führen.

8. Kettler Freizeit GmbH

Totalschaden beim Kettcar-Hersteller Kettler: 70 Jahre nach der Gründung muss der Freizeitgerätehersteller seine deutschen Werke endgültig schließen. "Wir können die Produktion nicht weiterführen", sagte Rechtsanwalt Martin Lambrecht, der die Unternehmensführung in dem bereits Ende Juli eingeleiteten Insolvenzverfahren berät. Der Freizeitgerätehersteller kämpfte seit geraumer Zeit ums Überleben und hatte im Juli zum dritten Mal innerhalb von gut vier Jahren einen Insolvenzantrag stellen müssen. Schon im vergangenen Jahr hing sein Schicksal am seidenen Faden. Doch sorgte der Einstieg des Finanzinvestors Lafayette im Dezember 2018 dann zunächst noch einmal für neue Hoffnung in Ense-Parsit. Auch Lafayette gelang es aber offenbar nicht, das Ruder bei dem taumelnden Traditionsunternehmen herumzureißen.

9. Beate Uhse

Die Restunternehmen des einstigen Erotik-Konzerns Beate Uhse melden erneut Insolvenz an. Die Muttergesellschaft be you GmbH sowie die drei Tochterunternehmen Beate Uhse Einzelhandels GmbH, Versa Distanzhandel und Beate Uhse Fun Center haben den Insolvenzantrag beim Amtsgericht Flensburg gestellt. Beate Uhse hatte über viele Jahre Umsatz und Gewinn eingebüßt und war zuvor aus der Insolvenz heraus an einen Fonds des niederländischen Investors Robus Capital Management verkauft worden. Nun sind nur noch 70 Arbeitnehmer betroffen.

„Dramatischer Dominoeffekt“

"Das wirklich Dramatische an diesen großen Insolvenzen ist der Dominoeffekt auf viele Unternehmen in der gesamten Lieferkette", sagte Ron van het Hof, Chef von Euler Hermens in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der durchschnittliche Umsatz der insolventen Großunternehmen liege 2019 bislang bei 339 Millionen Euro, das sind 81 Prozent mehr als im Vorjahr. Andere Unternehmen würden mitgerissen und könnten selbst in einer Pleite enden. Insgesamt wird die Zahl der Insolvenzen in diesem Jahr nach Einschätzung des Kreditversicherers nicht steigen, sondern gegenüber dem Vorjahr stabil bleiben.

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