Daniel Farke im Check: Wie gut passt er zum BVB?

Der Trainerstuhl von Lucien Favre wackelt beim BVB gewaltig, der Verein sieht sich angeblich längst nach Ersatz um. Als mögliche Option gilt Daniel Farke, der in Dortmund kein Unbekannter ist.

Mit seinem aktuellen Verein Norwich City schaffte der Trainer ein kleines Fußballwunder und stieg in der vergangenen Saison in die Premier League auf. Doch passt Farke auch zum BVB? Wo liegen etwaige Chancen und Risiken? Wir nehmen den möglichen Favre-Nachfolger unter die Lupe und beantwortet alle wichtigen Fragen.

Nach dem durchwachsenen Saisonstart und den zuletzt desolaten Auftritten gegen den FC Bayern (0:4) und Kellerkind SC Paderborn (3:3) schien Favres Zeit bereits abgelaufen zu sein. Der Schweizer erhielt eine Gnadenfrist, das erste verpatzte "Schicksalsspiel" gegen den FC Barcelona (1:3) verschärfte die Krise aber zusätzlich.

Das Auswärtsspiel bei Hertha BSC am Samstagnachmittag dürfte die letzte Chance des Noch-Trainers sein, seinen Job zu retten. Geht Borussia Dortmunds Talfahrt in Berlin weiter, sind die BVB-Bosse zum Handeln gezwungen.

Schon in den letzten Wochen lief die Gerüchteküche bezüglich eines Favre-Nachfolgers auf Hochtouren. Seit Kurzem mit in der Verlosung: Daniel Farke. Der 43-Jährige kennt sich beim BVB bestens aus, trainierte dort zwischen 2015 und 2017 die zweite Mannschaft. Aktuell coacht der Fußballlehrer den Premier-League-Aufsteiger Norwich City, schlug in dieser Saison unter anderem Manchester City (3:2), steht mit den Canaries mittlerweile aber weit im Tabellenkeller.

"Mir ist es wichtig, mutig zu sein. Wenn wir Fußball spielen, wollen wir nicht den Bus parken, den Ball auf die Tribüne schlagen oder für ein gutes Ergebnis beten. Wir wollen Spaß haben und den Gegner mit einer überzeugenden Leistung schlagen", erklärte Farke im Interview mit "Sky Sports".

Während seiner Zeit in Dortmund arbeitete Farke mit Thomas Tuchel zusammen, die Gemeinsamkeiten der Spielphilosophien sind deutlich zu erkennen.

Am liebsten hätte der Trainer 90 Minuten lang den Ball. Spielkontrolle wird in Farkes System groß geschrieben. Außerdem legt der gebürtige Westfale viel Wert auf schnellen und direkten Kombinationsfußball. Der Trainer schickt seine Spieler - wie Favre auch - am liebsten in einer 4-2-3-1-Formation aufs Feld.

Was in der zweitklassigen englischen Championship noch hervorragend klappte, ist bei Norwichs kleinem Etat und dem teils völlig unerfahrenen Kader in der Premier League deutlich schwieriger umzusetzen. Trotz zahlreicher Niederlagen und Rückschläge hält der Coach an seiner Spielidee fest.

Der "kicker" beschreibt Farke als einen Trainer, der der angeknacksten BVB-Mannschaft, "fußballerische Identität" vermitteln und einen "aktiven, intensiven, schnellen, emotionalen" Fußball vorleben könne.

Außerdem würde Farkes offene und authentische Ausstrahlung sicherlich für einen neuen Impuls in Verein sorgen. Seine BVB-Vergangenheit würde die Anpassungszeit in der Krise minimieren.

Das Problem: Eine Krise hat der auf höchstem Niveau noch recht unerfahrene Trainer selbst noch nicht bewältigt. Auch wenn sein erstes Jahr in Norwich etwas schleppend verlief, zeigte die Formkurve stets nach oben. Aktuell ist der Trainer an der Carrow Road mehr gefordert denn je - die Ergebnisse bleiben mit wenigen Ausnahmen aber noch aus.

Neben dem sportlichen Aspekt müsste Farke in Dortmund auch den Umgang mit einigen allürenhaften Profis managen, allen voran Jadon Sancho. "Eitelkeit in der Kabine mag ich gar nicht", erklärte der Coach zuletzt. Brandherd garantiert!

Farke genießt in Norwich ein sehr hohes Ansehen. "Ich bin enorm stolz auf Daniel, auf die Spieler und alle Mitarbeiter wie sie ihre Nerven selbst in dieser schwierigen Situation bewahren", erklärte Norwichs Sportdirektor Stuart Webber erst in dieser Woche.

Kaum vorstellbar, dass Farke, dessen Vertrag ohnehin noch bis 2022 läuft, dieses Vertrauen einfach wegwirft. "Ich freue mich, wenn die Norwich-Fans nach meiner Zeit sagen: 'Das war ein guter Trainer, er hat einen ordentlichen Job gemacht.' Damit wäre ich total glücklich", sagte der Coach selbst.

Stand jetzt ist der Ablauf von Farkes Zeit an der Carrow Road erst einmal nicht abzusehen. Der BVB wird sich demnach wohl nach einer anderen Option umsehen müssen. Eine Verpflichtung des 43-Jährigen liegt auf den ersten Blick in weiter Ferne.

Tom Kühner