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Claudio Cadonau wechselt auf die kommende Saison hin zu Titelanwärter Zug – was Verwunderung auslöste.Raphael Moser

Zum Beispiel Cadonau

Claudio Cadonau steht nicht für Spektakel – aber für solide Arbeit und kernige Checks. Typen wie der Verteidiger der SCL Tigers sind plötzlich gefragt.

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Claudio Cadonau überlegt, dann beginnt er zu lächeln. Natürlich hat er die Nebengeräusche mitbekommen, die von Verwunderung bis Unverständnis reichten, als bekannt wurde, dass er nächste Saison nach Zug wechseln wird. Weil Cadonau selbst bei den SCL Tigers in der Verteidigerhierarchie bezüglich Eiszeit nur die Nummer 7 ist. Warum also kommt einer wie er bei einer Mannschaft unter, die sich den Gewinn des Meistertitels zum Ziel gesetzt hat?

Die Geschichte vom späten Glück des Claudio Cadonau, der mit 31 Jahren die Chance erhält, nochmals in einem Topteam zu spielen, ist ein gutes Beispiel für den Spielermarkt in der Schweiz. Verteidiger sind in der National League ein rares Gut. Das hat sich in den letzten Wochen gezeigt: Die Zuger Thomas Thiry und Miro Zryd unterschrieben in Bern, ihr Teamkollege Johann Morant bei den ZSC Lions. Calle Andersson entschied sich nach reichlich Bedenkzeit für den Verbleib beim SCB. Das wars.

Die letzte Chance

Cadonau sagt es so: «Ich bin einer, der aufräumt. Jeder Gegner weiss: Behalte lieber den Kopf oben, weil es sonst wehtut. Solche Spieler gibt es in dieser Liga nicht so viele.» 1,85 m gross und 95 kg schwer ist der Zürcher mit Bündner Wurzeln, der fliessend Rätoromanisch spricht. «Cadonau ist kein Blender», sagt etwa Tigers-Sportchef Marco Bayer. «Aber er spielt sehr solide und ist physisch stark.» Ein Krieger sei Cadonau, meinte EVZ-Sportchef Reto Kläy jüngst gar gegenüber der Zuger Zeitung. «Er ist ein zuverlässiger Handwerker, der einen guten Schuss und Wasserverdrängung mitbringt und einem jungen Team Stabilität verleihen kann.»

Der EVZ leistet sich ein Juniorenteam in der Swiss League, weshalb Kläy dafür kritisiert wurde, keinen Spieler aus dieser Equipe zu befördern, der eine entsprechende Rolle übernehmen könnte. Cadonau sagt, er kenne die Spieler der EVZ-Academy nicht. «Aber heute sind viele junge Verteidiger technisch stark, agil, haben offensive Qualitäten. Klassische Brecher in der Defensive gibt es eher selten.» Genau deshalb gebe es einen Markt für «Typen, wie ich einer bin».

Als die Zuger Cadonau die Offerte unterbreiteten, gaben sie ihm gerade einmal 48 Stunden Bedenkzeit. Der Verteidiger informierte Bayer, aber die Langnauer verzichteten darauf, ihm ein Angebot zu machen. Es wäre wohl auch zwecklos gewesen. Cadonau bezeichnet Zug als «Toporganisation». Anfang 2020 wird der Club den Trainingskomplex OYM in Cham eröffnen, dieses Projekt sei «europaweit führend». Vor allem aber ist es für ihn die höchstwahrscheinlich letzte Chance, nochmals um den Meistertitel zu spielen.

An der kurzen Leine

Diesen gewann er 2008 mit den ZSC Lions, ein Jahr später folgte der Triumph in der Champions Hockey League. Doch weil Cadonau nicht über die Rolle des Ergänzungsspielers hinauskam, versuchte er sein Glück zunächst in der NLB. Über seinen Stammclub GCK Lions fand er 2011 schliesslich via Thurgau zum SC Langenthal. Interessantes Detail: Der damalige Sportchef der Oberaargauer hiess Reto Kläy – der Trainer Heinz Ehlers.

In Langnau haben sich die Wege mit dem Dänen wieder gekreuzt, über vier Jahre spielt Cadonau nun bereits unter ihm. «Ich habe Heinz sehr viel zu verdanken», sagt er. Der Verteidiger war ein Hitzkopf, sammelte vor seinem Engagement beim SCL 114 Strafminuten in einer Saison. «Heinz nahm mich dann an die kurze Leine. Er duldete das nicht, lehrte mich Disziplin und Systemtreue.» Dadurch entwickelte sich Cadonau und kehrte schliesslich nach zwei Saisons in die National League zurück.

Doch nach zwei Jahren beim EHC Biel holte ihn der SC Langenthal mit einem 3-Jahres-Vertrag zurück, das Thema National League war ad acta gelegt – eigentlich. Bis in Langnau Personalnot herrschte und er leihweise zwei Partien für die SCL Tigers absolvieren konnte. Obwohl er sich dabei das Kreuzband riss, überzeugte er Ehlers und Co. mit seinem Einsatz.

Zuletzt wurde der Höhenflug der Emmentaler mit drei Niederlagen in Serie gebremst. «Wir hatten den einen oder anderen Aussetzer mehr in unserem Spiel. Das ist ein Stück weit menschlich, es gibt bessere und schlechtere Phasen», sagt Cadonau. Es gelte nun, heute beim Gastspiel in Lausanne wieder zurück zur defensiven Stabilität zu finden, dem Gegner mit viel Körpereinsatz entgegenzuhalten. Oder anders formuliert: Nun sind bei den SCL Tigers Cadonaus Qualitäten gefragt.